482 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. § 116.
Diese Behörden sind die durch die Reichsjustizgesetze (R.G.V.G. 8 14 Nr. 2) in ihrem Be-
stande und in ihrem Verfahren nicht berührten Auseinandersetzungsbehörden, namentlich die
Generalkommissionen. Gegenwärtig bestehen folgende Generalkommissionen: 1. zu Frank-
furt a. O. für Brandenburg und Pommern einschließlich Neuvorpommern und Rügen, 2. zu
Bromberg für Ost= und West-Preußen und Posen, 3. zu Breslau für Schlesien, 4. zu Merse-
burg für Sachsen, 5. zu Münster für Westfalen und den landrechtlichen Theil der Rheinprovinz,
6. zu Kassel für Hessen-Nassau, 7. zu Hannover für Hannover und Schleswig-Holstein, 8. zu
Düsseldorf für die Rheinprovinz ausschließlich der landrechtlichen Kreise und für die hohen-
zollern'schen Lande. Jede Generalkommission besteht unter der Leitung eines Präsidenten, aus-
schließlich desselben, aus mindestens fünf Mitgliedern, theils von richterlicher Qualifikation,
theils landwirthschaftlichen Technikern. Sie entscheidet in der Besetzung von drei Mitgliedern
einschließlich des Vorsitzenden. Die Generalkommissionen entscheiden in richterlicher Unab-
hängigkeit, und ihre Mitglieder sind den gleichen Disciplinarvorschriften unterworfen, wie die
richterlichen Beamten 1). Die Dienstaufsicht führen der betreffende Oberpräsident und der
Minister für landwirthschaftliche Angelegenheiten.
Den Generalkommissionen sind Spezialkommissarien beigegeben, denen vorzugsweise die
Instruktion des Verfahrens an Ort und Stelle obliegt, und die auf Grund des ihnen ertheilten
Auftrages zur Bearbeitung einer Auseinandersetzung befugt sind, ohne Rückfrage bei der Ge-
neralkommission alles zu verfügen, was behufs ordnungsmäßiger Erledigung des Geschäftes
erforderlich ist. Die Generalkommission kann aber die von den Kommissaren erlassenen Ver-
fügungen aufheben oder abändern ).
Höhere Instanz über den Generalkommissionen ist das Oberlandeskulturgericht in
Berlin (G. v. 18/2. 1880), das unter der Dienstaufsicht des Justizministers und des Ministers
für landwirthschaftliche Angelegenheiten steht. Der Präsident und die Mitglieder werden vom
Könige, ersterer auf Vorschlag des Staatsministeriums, letztere auf Vorschlag der beiden Mi-
nister ernannt und unterliegen denselben Disciplinargesetzen wie die richterlichen Beamten.
Das Gericht entscheidet in der Besetzung von mindestens fünf Mitgliedern einschließlich des
Vorsitzenden. .
Das Oberlandeskulturgericht ist zuständig für die Berufung und das Rechtsmittel der
Beschwerde gegen Urtheile und Entscheidungen der Generalkommissionen. Als Berufungsgericht
bildet es die letzte Instanz in allen Streitigkeiten, welche Fragen der Auseinandergesetzgebung
(Ablösbarkeit, Art und Höhe der Entschädigung u. s. w.) betreffen, und zweite Instanz vor-
behaltlich der Revision an das Reichsgericht in Streitigkeiten über solche Rechtsverhältnisse,
welche auch außerhalb einer Auseinandersetzung Gegenstand eines Rechtsstreites hätten werden
können, und dann zum ordentlichen Rechtswege gehört hätten.
Was das von den Auseinandersetzungsbehörden zu beobachtende Verfahren anlangt, so
besteht in Hannover ein besonderes Verfahren nach Maßgabe des G. v. 30/6. 1842 und
der dazu gehörigen Novellen v. 8/11. 1856, 28/12. 1862 und 17/1. 1883 (G.S. S. 7).
1) Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Generalkommissionen bestimmt sich nach den ver-
schiedenen Gesetzen, welche diese Behörden eingerichtet haben, und ist dem Umfange nach nach den ein-
zelnen Gesetzen verschieden. Hervorzuheben ist, daß die Zuständigkeit der Generalkommissionen zur Ent-
scheidung von Streitigkeiten sehr umfassend ist; bei einem anhängigen Auseinandersetzungsverfahren
unterliegen alle Streitigkeiten, welche das Vorhandensein oder den Umfang der Theilnehmungsrechte oder
die Art und Weise, wie Jemand für sein Recht abzufinden sei, betreffen, oder sonst in nothwendigem
Zusammenhange mit der Sache stehen, der Entscheidung der Auseinandersetzungsbehörde (vgl. Glatzel,
Art. Auseinandersetzungsverfahren a. a. O., S. 93).
2) Zur Beförderung gütlicher Vereinigung im Auseinandersetzungsangelegenheiten sollen nach der
V. v. 30/6. 1834 besondere Kreisvermittelungsbehörden gebildet werden, bestehend für jeden
Kreis aus 2—6 sachkundigen vom Kreistage zu wählenden und von der Generalkommission zu bestätigen-
den Kreiseingesessenen.