Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

§ 119. Das Jagdrecht. 491 
stücke, öffentliche Anlagen oder Gebäude der Gefahr des Nachrutschens; 3. durch die Zerstör- 
ung eines Waldbestandes an den Ufern von Kanälen oder natürlichen Wasserstraßen Ufergrund- 
stücke der Gefahr des Abbruches oder die im Schutze der Waldungen gelegenen Gebäude oder öffent- 
lichen Anlagen der Gefahr des Eisganges; 4. durch die Zerstörung eines Waldbestandes Flüsse 
der Gefahr einer Verminderung ihres Wasserbestandes; 5. durch die Zerstörung eines Waldbe- 
standes in den Freilagen und in der Seenähe benachbarte Feldfluren und Ortschaften den 
nachtheiligen Einwirkungen der Winde in erheblichen Maße ausgesetzt sind — behufs Abwend- 
ung dieser Gefahren, sowohl die Art der Benutzung der gefahrdrohenden Grundstücke, als auch 
die Ausführung von Waldkulturen oder sonstigen Schutzanlagen angeordnet werden, wenn der 
abzuwendende Schaden den aus der Beschränkung den Waldeigenthümern entstehenden Nach- 
theil beträchtlich übersteigt. Zum Antrage berechtigt sind jeder gefährdete Interessent, die Ge- 
meinde-, Amts-, Kreis= und sonstigen Kommunalverbände für alle innerhalb ihres Bezirkes 
vorkommenden Fälle, und die Landespolizeibehörde. Eigenthümer, Nutzungs-, Gebrauchs= und 
Servitutberechtigte, sowie Pächter der gefahrbringenden Grundstücke sind verpflichtet, sich allen 
Beschränkungen in der Benutzung derselben zu unterwerfen, welche nach Maßgabe des Gesetzes 
angeordnet werden und die Ausführung der auf Grund derselben angeordneten Waldkulturen 
und sonstigen Schutzanlagen zu gestatten. Für den Schaden, den sie durch die angeordneten 
Beschränkungen erleiden, ist ihnen jedoch volle Entschädigung zu gewähren. Die Pflicht der 
Entschädigung und die Aufbringung der Kosten der Waldkulturen liegt dem Antragsteller ob, 
doch haben die Eigenthümer der gefährdeten Grundstücke, Gebäude, Wasserläufe und öffent- 
lichen Anlagen verhältnißmäßig beizutragen. Die Entscheidung über die in jedem einzelnen 
Falle zu treffenden Maßregeln erfolgt durch den Kreisausschuß, in den hohenzollern'schen 
Landen durch den Amtsausschuß als „Waldschutzgericht“ und wird durch ein besonderes Re- 
gulativ festgesetzt. Das Verfahren ist das gewöhnliche Verwaltungsstreitverfahren mit einigen 
im Gesetze vorgesehenen Abänderungen. Die Ausführung des Regulatives liegt dem Vor- 
sitzenden des Waldschutzgerichtes von Amtswegen ob. Gegen seine Verfügungen kann innerhalb 
zehn Tagen Einspruch erhoben werden, über den das Waldschutzgericht entscheidet. 
Waldgenossenschaften können auf Antrag jedes einzelnen Besitzers, der Gemeinde, 
des Amts-, Kreis= oder sonstigen Kommunalverbandes, in dessen Bezirke die Grundstücke liegen, 
oder der Landespolizeibehörde, gebildet werden, wo die forstmäßige Benutzung nebeneinander 
oder vermengt gelegener Waldgrundstücke oder Flächen oder Haideländereien nur durch das Zu- 
sammenwirken der Betheiligten zu erreichen ist. Das Zusammenwirken kann gerichtet sein enweder 
auf die Einrichtung und Durchführung einer gemeinschaftlichen Beschützung oder anderer der 
forstmäßigen Benutzung des Genossenschaftswaldes förderlichen Maßregeln — Schutzgenossen- 
schaften — oder zugleich auf die gemeinschaftliche forstmäßige Bewirthschaftung des Genossen- 
schaftswaldes nach einem einheitlich aufgestellten Wirthschaftsplane — Wirthschaftsgenossen- 
schaften —. Im ersteren Falle erfordert die Begründung der Waldgenossenschaft die Zu- 
stimmung der Mehrheit der Betheiligten, berechnet nach dem Katastralreinertrage der Grund- 
stücke, im zweiten Falle die Zustimmung von mindestens einem Drittel der Betheiligten, so- 
fern deren Grundstücke mehr als die Hälfte des Katastralreinertrages der betheiligten Grund- 
stücke umfassen. Die inneren Verhältnisse der Genossenschaft werden durch ein Statut geregelt, 
welches die Zustimmung der in gleicher Weise berechneten Mehrheit der Betheiligten bedarf, 
und einen gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt haben muß. Die Bildung der Waldgenossenschaft 
erfolgt durch das Waldschutzgericht. 
§ 119. Das Jagdrecht 1). I. Das G. v. 31/10. 1848 (G. S. S. 343) beseitigte für 
  
1) Kunze, die preuß. Jagdpolizeigesetze. — R. Wagner, die preuß. Jagdgesetzgebung (1883). 
— Dalcke, das preuß. Jagdrecht, 2. Aufl., 1889. — Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 
4. Aufl., IV, S. 330 ff. — H. Schulze, das preuß. Staatsrecht, 2. Aufl., II, S. 424 ff. — Born-
	        
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