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die angebotene Anpachtung abgelehnt hat. Der Schaden ist nur in dem Umfange zu ersetzen,
in welchem er sich zur Zeit der Ernte darstellt. Die Geltendmachung der Ersatzansprüche er—
folgt bei der Ortspolizeibehörde, welche auf Grund einer an Ort und Stelle abzuhaltenden
Verhandlung einen Vorbescheid wegen des Schadensersatzanspruches erläßt. Gegen diesen kann
binnen zwei Wochen im Wege des Verwaltungsstreitverfahrens beim Kreisausschuß (in Stadt-
kreisen beim Bezirksausschuß) Klage erhoben werden. Die Entscheidungen des Kreisausschusses,
bezw. Bezirksausschusses sind vorläufig vollstreckkar. Als Kosten des Verfahrens kommen nur
baare Auslagen in Ansatz.
Ist während des Kalenderjahres wiederholt durch Roth= oder Damwild verursachter
Schaden durch die Ortspolizeibehörde festgestellt worden, so muß auf Antrag des Ersatzpflicht-
igen oder der Jagdberechtigten die Aufsichtsbehörde sowohl für den betroffenen als auch nach
Bedürfniß für den angrenzenden Jagdbezirk die Schonzeit der schädigenden Wildgattung
für einen bestimmten Zeitraum aufheben und die Jagdberechtigten zum Abschuß auffordern.
Genügt diese Maßregel nicht, so hat die Aufsichtsbehörde den Grundbesitzern und sonstigen
Nutzungsberechtigten selbst die Genehmigung zu ertheilen, auf ihren Grundstücken Roth= und
Damwild auf erlaubter Weise zu fangen und namentlich auch unter Anwendung des Schieß-
gewehres zu erlegen.
Schwarzwild darf nur in festen Einfriedigungen gehegt werden und bleibt der Jagdbe-
rechtigte, aus dessen Gehege das Schwarzwild austritt, für den durch letzteres verursachten
Schaden haftbar. Außer dem Jagdberechtigten darf jeder Grundbesitzer oder Nutzungsbe-
rechtigte innerhalb seiner Grundstücke Schwarzwild auf jede erlaubte Art fangen, tödten und
behalten. Die Vertilgung von Schwarzwild ist auch durch die Gestattung der Benutzung von
Schießwaffen für die Grundbesitzer und durch Anordnung von Polizeijagden u. s. w. möglichst
zu fördern.
Wilde Kaninchen unterliegen dem freien Thierfange, mit Ausnahme des Fangens in
Schlingen.
Die Besitzer von Obst-, Gemüse-, Blumen= und Baunmschulanlagen können von der
Aufsichtsbehörde ermächtigt werden, Vögel und Wild, welches in den genannten Anlagen
Schaden anrichtet, jederzeit mittels Schußwaffe zu erlegen.
§ 120. Das Fischereirecht ). I. Die Hochseefischerei ist an und für sich Jeder-
mann freigegeben, da das offene Meer keiner Staatsgewalt unterworfen ist. Selbstverständ-
licher Weise kann aber jeder Staat für seine Angehörigen bindende Vorschriften auch in Bezug
auf die Hochseefischerei erlassen. Dies ist geschehen durch das R.G. v. 4/12. 1876, betreffend
die Schonzeit für den Fang der Robben (R.G.Bl. S. 233) und die dazu ergangene kaiserliche
V. v. 219/3.1877 (R.G. Bl. 409). Außerdem ist zwischen dem deutschen Reiche, Großbritannien,
Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Dänemark am 6. Mai 1882 ein Vertrag (der so-
genannte Haager Vertrag) abgeschlossen worden, betreffend die polizeiliche Regelung der
Fischerei in der Nordsee außerhalb der Küstengewässer, welcher den Zweck hat, die Nachtheile
und Beschädigungen, welche sich bisher die Hochseefischer der verschiedenen Nationen gegen-
seitig zugefügt haben, zu beseitigen. Zur Ausführung des Vertrages erging das R.G. v. 30/4.
1884 (R.G. Bl. S. 48), welches seine Bestimmungen auch auf die Küstengewässer ausdehnte.
II. Die Küstenfischerei. In Küstengewässern, zu welchen nach dem Haager Vertrag
v. 6/5. 1882 Art. 2 das Gebiet bis zu drei Seemeilen Entfernung vom niedrigsten Wasser-
stand der Ebbe aus gerechnet, gehört, und zu welchen nach preußischem Rechte auch die
1) Nönne, das Staatsrecht der preußischen Monarchie, 4. Aufl., IV, S. 369 ff. — Schulze,
das preußische Staatsrecht, 2. Aufl., II, S. 224. — Bornhak, Preuß. Staatsrecht, III, S. 324 ff.
— Grotefend, Preuß. Verwaltungsrecht, II, S. 700 ff. — Hue de Grais, Handbuch der Ver-
fassung und Verwaltung, 8. Aufl. (1892), S. 434 ff. — Staudinger, Art. Fischerei in Stengel's
Wörterbuch des Verwaltungsrechtes, I. S. 408 ff.