§ 125. Die Schiffahrt. 521
Die Mitglieder der Handelskammern werden auf drei Jahre mit jährlich wechselndem
Ausscheiden je eines Drittels gewählt und versehen ihr Amt unentgeltlich, vorbehaltlich der
Erstattung baarer Auslagen. Umstände, die die Wählbarkeit eines Mitgliedes aufheben, haben
das Erlöschen seiner Mitgliedschaft auf Beschluß der Handelskammer zur Folge. Ebenso kann
die Handelskammer ein Mitglied, das durch seine Handlungsweise die öffentliche Achtung ver-
loren hat, durch einen mit Zweidrittelmehrheit gefaßten Beschluß ausschließen. Gegen diese
Beschlüsse der Handelskammer finden dieselben Rechtsmittel statt, wie gegen die über die Gültig-
keit der Wahlen gefaßten (§§ 17—19, 21 G. v. 24/2. 1770, Z.G. 88§ 135, 138).
Die Handelskammer beschließt über den zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben er-
forderlichen Kostenaufwand auf Grund eines alljährlich aufzustellenden Etats und ordnet ihr
Kassen= und Rechnungswesen selbstständig. Die etatsmäßigen Kosten werden auf sämmtliche
Wahlberechtigte als Zuschlag zur Gewerbesteuer vom Handel, bezw. soweit sie diese Steuer
nicht entrichten, nach einer fingirten Einschätzung umgelegt. Einer vorgängigen Genehmigung
des Handelsministers bedarf es, wenn die Beschaffung des Aufwandes für ein Jahr einen 10%
der Gewerbesteuer vom Handel übersteigenden Zuschlag zu derselben erfordert oder wenn der
vorgelegte Etat überschritten werden soll. Beschwerden über die Einschätzung müssen binnen
zehn Tagen von der Benachrichtigung bei der Handelskammer angebracht werden, die darüber
beschließt. Gegen den Beschluß findet Klage beim Bezirksausschusse und gegen dessen Ent-
scheidung die Revision statt. Die Erhebung der Beiträge erfolgt auf Anordnung des Regier=
ungspräsidenten (§§ 20—25 G. v. 24/. 1870, 8§ 134, 135, 138 Z.G.).
Am Anfange jedes Jahres wählt die Handelskammer aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden
und einen Stellvertreter desselben; ihren Geschäftsgang regelt sie selbst in einer dem Regier-
ungspräsidenten mitzutheilenden Geschäftsordnung, soweit derselbe nicht durch die §§ 26 ff.
G. v. 24/2. 1870 geregelt ist.
Die Aufsicht über die Handelskammern steht dem Handelsminister zu, dem auch der
Jahresbericht vorzulegen ist (§ 32 d. G.). Eine genauere Regelung des Aufsichtsrechtes ist im
Gesetze nicht erfolgt, soweit dieselbe nicht in den bereits erwähnten Vorschriften enthalten ist.
Nach § 36 G. v. 24/2. 1870 findet dasselbe auf die zu Berlin, Stettin, Magdeburg,
Danzig, Memel und Elbing bestehenden kaufmännischen Korporationen und auf das Kommerz-
Kollegium zu Altona keine Anwendung; es sind deshalb die besonderen Statuten 1), auf denen
die Verfassung dieser mit den Rechten juristischer Personen versehenen kaufmännischen Korpo-
rationen beruht, unberührt geblieben. Außer Kraft sind jedoch getreten die privatrechtlichen
Vorschriften dieser Statuten (Art. 3 8 4preuß. E.G. z. H. G. B.). Nach Z.G. 88 136, 138 findet
gegen Beschlüsse des Vorstandes einer kaufmännischen Korporation über die Aufnahme,
Suspension oder Ausschließung von Mitgliedern, soweit nach dem Statut gegen dergleichen
Beschlüsse der Rekurs an die Behörde zulässig ist, an dessen Stelle die Klage beim Bezirks-
ausschusse und gegen dessen Entscheidung das Rechtsmittel der Revision statt.
§ 125. Die Schiffahrt 2). I. Die Rechtsverhältnisse der Seeschiffahrt sind geregelt:
1) Die nach erfolgter Revision an Stelle der früheren Statuten getretenen neuen Statuten der
Korporationen zu Berlin v. 1/3. 1870, Stettin 14/3. 1871, Königsberg 12/6. 1872, Memel 22/8.
1872, Tilsit 17/11. 1872, Danzig 5/7. 1872, Elbing 31/1. 1872 sind in den Amtsblättern veröffentlicht.
Für das Kommerzkollegium zu Altona gilt noch die Instruktion v. 14/7. 1738.
2) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., IV, S. 521 ff. — Bornhak,
Preuß. Staatsrecht, III, S. 424 ff. — Grotefend, Preuß. Verw. Recht, II, S. 529 ff. — Hue de
Grais, 8. Aufl., S. 476 ff. — Lewis, Art. Flagge, Hafen, Handelsmarine, Havarie,
Lootsen, Schiff, Schiffahrt, Schiffer, Schiffsbesatzung, Schiffsmannschaft, Schiffs=
papiere, Schiffszusammenstoß, Seeamt, Seemannsamt, Seemannsordnung, See-
schiffahrtszeichen, Seewarte, Strandbehörden, Strandungsordnung, Unterscheid-
ungssignal, Verklarung in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, I, 421, 619, 632, 636, II,
53, 410 ff., 442 ff., 574 ff., 664, 695 f. — Otto Mayer, Art. Fähren, Flößerei, Kanäle,
Leinpfad, ebendaselbst, I, 377, 423, 702, II, 457.