528 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. § 127.
den Dörfern gemischter Konfessionen handelt, finden diese Gesetze keine Anwendung, es hat da-
her daselbst das Allgemeine Landrecht unmittelbare Geltung, dasselbe gilt von den landrecht-
lichen Gebieten der ehemals französischen, westfälischen und bergischen Landestheile, sowie der
Provinz Posen. Für Neuvorpommern und Rügen gilt das Regulativ v. 29./8. 1831,
in dem ehemals französischen Theile der Rheinprovinz das G. v. 13. Messidor X. (1./5.
1802) ergänzt durch Verordnungen des Generalgouverneurs vom Nieder= und Mittelrhein
v. 6./5. 1814 u. 15./7. 1814. Bestimmungen über das evangelische Schulwesen der westlichen
Provinzen enthält auch die rheinisch-westfälische Kirchenordnung v. 5./5. 1835.
Das jüdische Schulwesen der alten Provinzen ist geregelt, durch das G. über die Rechts-
verhältnisse der Juden v. 23./7. 1847 (G.S. S. 263).
In den hohenzollern'schen Landen sind die Schul-OO. für Hohenzollern-Sig-
maringen v. 6./11. 1809 und die Schul-O. für Hohenzollern-Sigmaringen v. 1./6. 1833
in Kraft.
Von den neuen Provinzen hat Hannover ein umfassendes Gesetz, betreffend das christ-
liche Volksschulwesen v. 26/5. 1845 mit Novellen v. 14/10. 1848, 5/11. 1850 u. 9/10.
1864. In Schleswig-Holstein, abgesehen von Lauenburg, gilt die allgemeine Schul-O.
v. 24/8. 1814, in Lauenburg die Landschulordnung v. 10/10. 1868; in Nassau gelten
das Ed. v. 23/3. 1817. betreffend die Einrichtung der öffentlichen Unterrichtsanstalten und drei
Schul.-OO. v. 6/12. 1817, im ehemaligen landgräflichen Amt Homburg das Ed. v. 9/10.
1838 in Verbindung mit V. v. 19/8. 1842. In den ehemals kurhessischen, großherzoglich
hessischen, bayerischen und frankfurter Landestheilen fehlen allgemeine gesetzliche Vorschriften;
nur einzelne Materien sind durch besondere Verordnungen beziehungsweise Gesetze geregelt.
§ 127. Die Grundsätze des geltenden Schulrechtes 1). I. Die allgemeine Schul-
pflicht beruht in den landrechtlichen Gebietstheilen auf den Bestimmungen des A.L. R. II, 12,
§§ 43 ff., welche durch die Kab. O. v. 14/5.1825 (G.S. S. 149) auch auf die Gebiete ausgedehnt
wurde, in denen das allgemeine Landrecht nicht gilt. Dieselbe findet auch in den im Jahre
1866 erworbenen Provinzen Anwendung (V. v. 16/9. 1867 (G. S. S. 1515). In den hohen-
zollern'schen Landen und im Kreise Herzogthum Lauenburg ist ebenfalls die allgemeine Schul-
pflicht durch die betreffenden Schulordnungen eingeführt.
Nach A.L. R. II, 12, § 43 ist jeder Einwohner — nicht Staatsangehörige, also auch der
im Inlande wohnende Ausländer — verpflichtet, seine Kinder in die Schule zu schicken. Diese,
den Eltern oder deren Stellvertretern obliegende Verpflichtung hat den Inhalt, für den
nöthigen Unterricht, den die öffentlichen Volksschulen gewähren, der Kinder und Pflegebe-
fohlenen zu sorgen. Die Eltern und deren Stellvertreter haben dabei die Wahl, ob sie die Kinder
in eine öffentliche Volksschule schicken oder ihnen den erforderlichen Unterricht auf einer höheren
Schule oder durch geeignete Privatlehrer ertheilen lassen wollen. Die Schulpflicht soll nach
dem A.L. R. a. a. O. 88 43, 46 mit dem zurückgelegten 5. Lebensjahre des Kindes beginnen
und so lange dauern, bis dasselbe nach dem Befunde des Seelsorgers, bezw. Schulinspektors
die einem jeden vernünftigen Menschen seines Standes unentbehrlichen Kenntnisse erworben
hat. Die meisten Provinzialgesetze lassen jedoch die Schulpflicht erst mit dem vollendeten
6. Lebensjahre beginnen und setzen ein bestimmtes Lebensjahr, in der Regel das vollendete
14. als Endpunkt fest.
Zum Zwecke der Durchführung der allgemeinen Schulpflicht sind auf die Uebertretung
der den Eltern und ihren Stellvertretern obliegenden Vepflichtung Strafen angedroht. In der
Rheinprovinz sind durch die Kab. O. v. 20/6.1835 (G.S. S. 131) und für einen großen Theil
der neuen Provinzen durch die betreffenden Schulordnungen (hann. Pol. Str. G. B. v. 25/5.
1847 § 125, bezw. V. v. 25/6. 1867; kurhess. V. v. 17/2. 1853 u. s. w.) das Strafmaß
1) Siehe die Citate zum vorigen Paragraphen.