530 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8127.
Besondere Schulvorstände bestehen in den landrechtlichen Gebieten für das flache
Land nach der Vf. v. 28/10. 1812, in der Rheinprovinz allgemein nach der Vf. v. 15/7. 1814
und ebenso in Hannover und in Nassau. In der Rheinprovinz bestehen sie aus dem Bürger-
meister, dem Lokalschulinspektor und 2—5 vom Landrathe ernannten Mitgliedern, in den
anderen Landestheilen aus dem etwa vorhandenen Patrone, dem Prediger und 2—4 Familien-
vätern. Wo das System der Schulsocietäten besteht, haben diese Schulvorstände eine doppelte
Stellung, sie sind Vertreter des kommunalen Verbandes der Schulsocietät und Verwaltungs-
organe desselben; wo dagegen Gemeindeschulen bestehen, sind sie lediglich Organe der Gemein-
den zur Verwaltung der äußeren Schulangelegenheiten, wie die städtische Schuldeputation.
Was die Aufbringung der Schullasten anlangt, so geschieht dieselbe, soweit keine Stift-
ungen vorhanden sind oder dritte, auf Grund besonderer Rechtstitel verpflichtete Personen
Leistungen zu machen haben, durch Schulabgaben, neben welchen theilweise noch das Schul-
geld in Betracht kommt.
Das Schulgeld hat den Charakter einer öffentlich-rechtlichen Gebühr, welche als
Entgelt für die Leistungen der Gemeinden und Schulverbände, bezw. des Staates gezahlt
wird. Im A. L. R. II, 12 § 32 war Schulgeldfreiheit für diejenigen ausgesprochen, welche
Schulsteuern zahlten; trotzdem wurde bis in die neueste Zeit allgemein Schulgeld erhoben.
Erst das G. o. 14/6. 1888, betreffend Erleichterung der Volksschullasten (G. S. S. 240) hat
das in Art. 25 V. U. aufgestellte Prinzip der Unentgeltlichkeit des Volksschulunterichtes inso-
fern zur Durchführung gebracht, als es den Grundsatz aussprach, daß die Erhebung von Schul-
geld in den der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht dienenden Volksschulen unzulässig ist.
Ausnahmsweise kann jedoch in zwei Fällen noch Schulgeld erhoben werden, 1. für nicht in der
Gemeinde oder dem Schulverbande einheimische Kinder, 2. soweit der durch das G. v. 14/6.
1888 gewährte Staatsbeitrag das bisher erhobene Schulgeld nicht deckt oder eine erhebliche
Steigerung der Lasten eintreten müßte. In diesem letzteren Falle muß die Forterhebung des
Schulgeldes von 5 zu 5 Jahren auf dem Lande vom Kreisausschusse, in den Städten vom Be-
zirksausschusse genehmigt werden (ugl. auch § 8 Abs. 2 des Kommunalabgaben-G. v.
14/7. 1893).
Wo die Schullast von der politischen Gemeinde getragen wird, werden natürlich die
Kosten der Schule ebenso aufgebracht wie die sonstigen Kommunallasten, besondere Schul-
abgaben bestehen daher nicht; dagegen bestehen bei den Schulsocietäten besondere Schulsteuern.
Nach AL.R. II 12 8 31 sollen die betreffenden Beiträge unter die Hausväter nach Verhältniß
ihrer Besitzungen und Nahrung billig vertheilt werden. In der Praxis werden einfach die
direkten Staatssteuern zu Grunde gelegt und die Schulabgaben gleich den Kommunalabgaben
als Zuschläge erhoben #.
Mit den Gemeinden und Schulsocictäten konkurriren auf dem flachen Lande in den
landrechtlichen Gebieten in Bezug auf die Tragung der Schullasten die Gutsherren als die
früheren Gerichtsobrigkeiten. Nach A.L.R. II 12, 8 33 und 36 soll nämlich die Gutsherrschaft
ihre Unterthanen, die zur Aufbringung des schuldigen Beitrages ganz oder theilweise eine Zeit
lang unvermögend sind, nach Nothdurft unterstützen und außerdem hat sie bei Schulbauten die
auf ihrem Gute gewinnbaren Materialien unentgeltlich zu verabfolgen. Partikularrechtlich,
namentlich für die katholischen Schulen Schlesiens, sind die Verpflichtungen vielfach anders
normirt.
Die Schulabgaben unterliegen wegen ihrer öffentlich-rechtlichen Natur der Verwaltungs-
exekution. Trotzdem war früher nach dem A.L.R. II 14 § 79 und dem G. v. 24/5. 1861
1) Besonders geregelt sind durch §8 37, 38, Tit. 12, Th. II A.L.R. die Verhältnisse, wenn das
Schulhaus gleichzeitig Küsterhaus ist und daher Schulverband und Kirche bei der Unterhaltung kon-
kurriren (ogl. auch G. v. 21/7. 1846).