534 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8 128.
hörige Handhabung der äußeren Ordnung und für die genaue Befolgung der Schulverordnungen
sorgen“, auch für die Erhaltung der Schulgebäude und Inventarien sorgen, und durch Re-
visionen dieselbe und die Einhaltung des Unterrichtsplanes kontrolliren. Eine Einwirkung auf
die Gestaltung der inneren Schulangelegenheiten hat er nicht auszuüben (M. E. v. 9/2. 1878).
Die disciplinarische Beaufsichtigung des Lehrers in dienstlicher und außeramtlicher Beziehung
steht dem Ortsschulinspektor allein zu. Dem Schulvorstand bleibt es überlassen, in geeigneten
Fällen den Lehrer zu seinen Sitzungen zuzuziehen.
§ 128. Die Rechtsverhältnisse der Lehrer an den Volksschulen 1). I. Obwohl Art. 23
Abs. 2 V. U., welcher den öffentlichen Lehrern die Rechte und Pflichten der Staatsdiener beilegt,
in seiner Wirksamkeit und Geltung suspendirt ist und das A.L. R. II Tit. 12 sie nicht aus-
drücklich als Staatsbeamte betrachtet, so werden sie doch auf Grund des in § 1 Tit. 12 Th. H
A.L.R. enthaltenen Satzes, daß die Schulen Veranstaltungen des Staates sind, als mittelbare
Staatsbeamte betrachtet und behandelt. Sie haben in Folge dessen im Allgemeinen die Rechte
und die Pflichten der Staatsbeamten, insbesondere unterliegen sie dem Disciplinarverfahren nach
dem G. v. 21/7. 1852. Hervorzuheben ist, daß die Lehrer nach §§ 34 und 35 G.V.G. nicht
zum Geschwornen= und Schöffenamte berufen werden sollen, und daß dieselben nach den
einschlägigen Bestimmungen der Gemeindeverfassungsgesetze und Kreisordnungen nicht Magist-
ratsmitglieder und Gemeindeverordnete oder Mitglieder eines Kreisausschusses sein können.
II. Die Befugniß zur Anstellung der Lehrer sollte nach A.L.R. II, 9 §22 in der Regel
der Gerichtsobrigkeit zustehen. In § 18 der Regierungs-Instr. v. 23/10. 1817, bezw. der
Kab.O. v. 31/12. 1825 lit. D II, 2 ist aber bestimmt, daß den Regierungen, Abtheilung für
Kirchen= und Schulwesen, „die Besetzung sämmtlicher, dem landesherrlichen Patronatrechte
unterworfener Schullehrerstellen, sowie Bestätigung der von Privatpatronen und Gemeinden
dazu erwählten Subjekte gebührt“. In den ehemaligen Domänendörfern ernennt hiernach die
Regierung unmittelbar die Lehrer. Im Uebrigen hat auf dem platten Lande die Gutsherrschaft
als ehemalige Gerichtsobrigkeit das Schulpatronat, das mit Aufhebung der patrimonialen Ge-
richtsbarkeit nicht beseitigt worden ist. Wo kein Gutsherr vorhanden ist, erfolgt die Bestellung
des Lehrers durch den Gemeinde-, bezw. Schulvorstand. In den Städten hat der Magistrat
nach Einholung der Schuldeputation das Lehrerwahlrecht. Wie im Gebiete des Allgemeinen
Landrechtes, so ist auch durchweg in den übrigen Landestheilen das Schulpatronat der Ge-
meinden u. s. w. mit Bestätigung der Regierung aufrecht erhalten (für die Rheinprovinz val.
die V. v. 6/5. 1814 § 8)2). In Westpreußen und Posen sind jedoch alle Schulpatronate
durch das G. v. 15/7. 1886 (G. S. S. 185) beseitigt worden. Nach diesem Gesetze ernennt
in den genannten Provinzen die Regierung die Lehrer nach Anhörung des Gemeinde-, bezw.
Schulvorstandes über Einwendungen gegen die Person des zu Ernennenden. Die bisherige
Bestellungsweise ist jedoch bestehen geblieben in den Stadtkreisen, in den Landkreisen: Deutsch-
Krone, Marienburg, Rosenberg und Elbing und in den in der Provinz Westpreußen belegenen
Städten mit mehr als 10000 Einwohnern, sofern die Vertretung dieser Städte es beantragt.
Als Lehrer (bezw. Lehrerin) können nur solche Personen angestellt werden, die die nöthige
Befähigung nachweisen. Die Vorbedingungen der Anstellung sind durch ministerielle Vor-
schriften geregelt.
Die vorläufige Dienstenthebung (Suspension) eines Lehrers tritt kraft Gesetzes ein,
bezw. wird vom Regierungspräsidenten verfügt, aus denselben Gründen wie bei allen nicht
richterlichen Beamten. Dasselbe gilt von der Dienstentlassung, welche durch disciplinargericht-
1) Vgl. die Citate zu § 126, insbesondere den Art. Lehrer von Dirksen in Stengel's Wörter-
buch des Verw.-Rechts, II, S. 37 ff.
2) Die Standesherren haben auf ihren Besitzungen das Lehrerbestellungsrecht, insoweit es ihnen
vor Auflösung des deutschen Reiches zustand, behalten (§ 52 Instr. v. 23/2. 1820).