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liche Entscheidung ausgesprochen wird; dagegen ist eine einstweilige Versetzung in den Ruhe-
stand mit Wartegeld bei Lehrern nicht möglich, weil sie nicht zu den unmittelbaren Staats-
beamten gehören (§ 87 Nr. 2 und § 94 G. v. 21/7. 1852). Dienstunfähig gewordene, definitiv
angestellte Lehrer, bezw. Lehrerinnen haben Anspruch auf Pension nach Maßgabe des Lehrer-
pensions-G. v. 6/7.1885, welches durchaus dem allgemeinen Beamtenpensions-G. v. 27/3.1872,
bezw. 31/3. 1882 nachgebildet ist.
III. Die Besoldung der Lehrer bildet einen Bestandtheil der Schullasten 1); durch G. v.
14/6. 1888, betreffend Erleichterung der Volksschullasten (G. S. S. 240) und die Novelle v.
31/3. 1889 (G. S. S. 64) hat jedoch der Staat fortlaufende Leistungen zum Diensteinkommen
der Lehrer übernommen. Der Staatsbeitrag beträgt für einen alleinstehenden oder für den
ersten ordentlichen Lehrer 500 M., für einen zweiten ordentlichen Lehrer, bezw. eine Lehrerin
300, bezw. 150 M., für Hilfslehrer und Hilfslehrerin je 100 M. Ebenso wird nach dem G.
v. 6/7. 1885 (G. S. S. 298; Cirk. v. 2/3. und 24/11. 1886, C.Bl. d. Unt. Verw. S. 387,
1887 S. 383) die Pension der Lehrer bis zur Höhe von 600 M. aus der Staatskasse, im
Uebrigen von den bisher Verpflichteten gezahlt. Das Stelleinkommen darf dabei nur in
dem bisherigen Umfange und nur soweit herangezogen werden, daß es nicht unter drei Viertel
seiner Höhe und nicht unter das Mindestmaß sinkt. Die Pensionirung selbst erfolgt nach den
für andere Staatsbeamte geltenden Bestimmungen.
Das G. v. 23/7. 1893, betreffend Ruhegehaltskassen für die Lehrer und Lehrerinnen
an den öffentlichen Volksschulen (G. S. S. 194), hat jedoch unter Abänderung der Vorschriften
des Art. 1 8§ 4, 15, 26 G. v. 6/7. 1885, betreffend die Pensionirung der Lehrer und Lehrerinnen
an den öffentlichen Volksschulen bestimmt, daß behufs gemeinsamer Bestreitung des durch den
Staatsbeitrag nicht gedeckten Theiles der Ruhegehälter der Lehrer und Lehrerinnen an den
öffentlichen Volksschulen v. 1/7. 1893 ab für die zur Aufbringung verpflichteten Schulverbände
(Schulsocietäten, Gemeinden, Gutsbezirke) in jedem Regierungsbezirke eine Ruhegehaltskasse
gebildet wird, deren Verwaltung durch die Bezirksregierung geführt wird. Die Kassengeschäfte
werden durch die Regierungshauptkasse und durch die ihr unterstellten Kassen unentgeltlich besorgt.
IV. Die Wittwen= und Waisenversorgung von Hinterbliebenen der Volksschullehrer
beruht auf dem G. v. 22/12.1869 (G.S. 1870 S. 1) und der Nov. v. 24/2.1881 (G. S. S. 41),
der V. v. 17/1. 1887 (G.S. S. 9) und Instr. v. 30/1. und 28/6. 1870 (M. Bl. d. i. V.
S. 93, 298). Der Mindestbetrag jeder Pension ist auf jährlich 250 M. festgesetzt. Die Auf-
bringung der Kosten erfolgt durch die Schulverbände und durch staatliche Zuschüsse. Beiträge
von den Lehrern für die Reliktenversorgung werden nach dem G. v. 19/6. 1889 (G.S. S. 131)
nicht mehr erhoben. Die Kassenverwaltung liegt der Regierung ob unter Mitwirkung der für
die Kreise aus den Interessenten gebildeten Vorstände und der von diesen erwählten Kuratoren.
§ 129. Die Mittelschulen?). I. Das Mittelschulwesen oder höhere Unter-
richtswesen umfaßt alle diejenigen Lehr= und Unterrichtsanstalten, die ihren Schülern eine
über das Maß der elementaren Kenntnisse hinausgehende Bildung gewähren und damit zu-
gleich die Grundlage für jede höhere Fach= und Berufsbildung geben. Im Allgemeinen unter-
scheidet man zwei Arten von höheren Lehranstalten: 1. solche, die lediglich die allgemeinen
Grundlagen einer jeden höheren Bildung und zugleich die nothwendigen Vorkenntnisse für
die auf wissenschaftlicher Grundlage beruhenden Berufsarten und die höheren technischen Be-
1) S. § 45 Z.G. über die Feststellung des Geldwerthes der Naturalien und des Ertrags der
Ländereien bei amtlicher Festsetzung des Einkommens der Elementarlehrer.
2) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., IV, S. 704 ff. — Schulze, das
preuß. Staatsrecht, 2. Aufl., II, S. 354 ff. — Bornhak, Preuß. Staatsrecht, III, S. 689 ff. —
Hue de Grais, Handbuch der Verfassung und Verwaltung, 8. Aufl., S. 369 ff. — Sachse, Art.
Unterrichtswesen, höheres in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, II, S. 651 ff. und 2. Erg.=
Bd. S. 318 ff.