538 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8 130.
Range eines Oberregierungsrathes im Hauptamte. Das Kollegium besteht aus den technischen
Räthen und in der Regel einem Justitarius und Verwaltungsrath.
Die dem Provinzialschulkollegium nicht unterstellten städtischen oder Privatschulen, die den
Lehrplan der höheren Schulen im Allgemeinen befolgen, unterstehen der Kirchen= und Schul-
abtheilung der Bezirksregierung. Solche Schulen giebt es unter den verschiedensten Namen,
hauptsächlich in Rheinland und Westfalen.
Zwischen den Provizialschulkollegien und den an der Spitze der einzelnen höheren
Schulen stehenden Direktoren steht bei den königlichen und den vom Staate unterhaltenen An-
stalten in der Regel keine Lokalbehörde. Bei den übrigen Schulen wird die Lokalverwaltung
und die Ausübung der Patronatsrechte durch den Magistrat oder besondere Ausschüsse des-
selben, zuweilen auch (Rheinprovinz und Westfalen) durch selbstständige Schulkommissionen
oder Kuratorien wahrgenommen. Die Befugnisse dieser Lokalbehörden sind je nach den Statuten
sehr verschieden; zu den wichtigsten Befugnissen gehört die Lehrerwahl; außerdem obliegt ihnen
die Sorge für die äußeren Angelegenheiten der Schule.
§ 130. Die Universitäten und die Hochschulen 1). I. Die oberste Stufe des Unterrichts-
wesens bilden die Universitäten und die Hochschulen. Die Universitäten geben die höchste
allgemeine Bildung, wie auch die Fachbildung für die verschiedensten Berufszweige, während
die Hochschulen (Akademien) nur die höhere Fachbildung für einzelne Berufszweige geben.
Vollständige Universitäten mit den vier Fakultäten (der evangelisch-theologischen, der
juristischen, der medizinischen und philosophischen) bestehen in Königberg, Berlin, Greifswald,
Breslau, Halle, Kiel, Göttingen, Marburg und Bonn. Die Universitäten Breslau und Bonn
haben außerdem noch eine katholisch-theologische Fakultät. Als unvollständige Universitäten
mit einer katholisch-theologischen und einer philosophischen Fakultät sind zu bezeichnen das
Lyceum Hosianum in Braunsberg und die sog. Akademie zu Münster.
Den Charakter von Hochschulen haben die technischen Hochschulen zu Berlin, Aachen
und Hannover, die landwirthschaftliche Hochschule zu Berlin, die landwirthschaftliche Akademie
zu Poppelsdorf, die Forstakademien zu Eberswalde und Münden, die Bergakademien zu Berlin
und Klausthal, die thierärztlichen Hochschulen zu Berlin und Hannover u. a. m.
Eine allgemeine Gesetzgebung bezüglich der Universitäten und Hochschulen fehlt; auch
das A.L. R. I1 12, §§67 ff. enthält im Wesentlichen nur jetzt größtentheils veraltete Vorschriften
hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse der Studirenden und bestimmt außerdem, daß die
Universitäten die Rechte privilegirter Korporationen und ihre Lehrer und Beamten die Rechte
und Pflichten der Staatsbeamten haben, indem im Uebrigen auf die Privilegien und die vom
Staate genehmigten Statuten verwiesen wird.
Die Universitäten und Hochschulen sind ausschließlich vom Staate errichtete und unter-
haltene Anstalten. Die Errichtung einer solchen Anstalt durch eine öffentliche Korporation oder
eine Privatperson würde daher nur mit staatlicher Genehmigung möglich sein.
II. Die zu einer Fakultät gehörigen ordentlichen Professoren bilden als Fakultät im
eigentlichen Sinne eine akademische Behörde, an deren Spitze ein aus ihrer Mitte jährlich er-
wählter Dekan steht. Zur Wahrnehmung der gemeinsamen Angelegenheiten der Universität,
sowie zur Beaufsichtigung der Studirenden und Ausübung der Disciplinargewalt über dieselben
ist der akademische Senat bestellt, an dessen Spitze der von den Professoren gewählte Rektor
steht, und der aus ebenfalls gewählten ordentlichen Professoren als Mitgliedern und dem
Universitätsrichter besteht.
1) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., IV, S. 727 ff. — Schulze, das
preuß. Staatsrecht, 2. Aufl., II, S. 357 ff. — Bornhak, Preuß. Staatsrecht, III. Bd., S. 689 ff.
— Jolly, Art. Universitäten in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, II, S. 646 ff. —
Sachse, Art. Hochschulen (technische), ebendaselbst, I, S. 655 ff. und 2. Erg.-Bd., S. 115 ff.