Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 133. Die Sittenpolizei. 543 
IV. Neben den königlichen Museen in Berlin, der königlichen Nationalgallerie und 
dem Rauchmuseum in Berlin sind ferner zu erwähnen die öffentlichen Bibliotheken, 
unter denen hervorzuheben ist die im Jahre 1650 gegründete königliche Bibliothek in Berlin, 
dieselbe hat nach dem Statut vom 16/11. 1885 (C. Bl. d. U. V. 1886 S. 190 u. 1887 S. 174) 
die Aufgabe „in möglichster Vollständigkeit die deutsche und in angemessener Auswahl die 
ansländische Litteratur zu sammeln, dieselbe geordnet aufzubewahren und der allgemeinen 
Benutzung zugänglich zu machen“. Sie ist dem Unterrichtsminister untergeordnet und wird 
von einem Kuratorium und einem Generaldirektor geleitet ½. 
§ 133. Die Sittenpolizei?). I. Die Sittenpolizei umfaßt diejenigen polizeilichen 
Maßregeln, welche die Beförderung der allgemeinen Sittlichkeit bezwecken. Aufgabe der Sitten- 
polizei kann es selbstverständlich nicht sein, die Einzelnen zur Sittlichkeit und zu sittlicher Ge- 
sinnung zu erziehen. Der Staat kann nur durch strafrechtliche und polizeiliche Maßregeln 
gegen die in die äußere Erscheinung tretenden unsittlichen Handlungen vorgehen um eine 
Schädigung rechtlich geschützter Interessen durch die Verbreitung und Förderung unsittlicher 
Gesinnung zu verhüten. Es handelt sich dabei namentlich um: 1. Maßregeln gegen geschlecht- 
liche Ausschweifungen, 2. um die Bekämpfung der Trunksucht und die Ueberwachung der Gast- 
und Schankwirthschaften, 3. die Polizei der Glücksspiele 5). 
II. Die Unzuchtspolizei oder Sittenpolizei imengeren Sinne. Das fort- 
gesetzte häusliche Zusammenwohnen in außerehelicher Geschlechtsgemeinschaft — Konkubinat 
— ist nach der mit Gesetzeskraft versehenen Kab. O. v. 27/10. 1810 (Kamptz' Annalen 
XVIII, S. 785) in den alten Provinzen für diejenigen Fälle verboten, in welchen für die 
Behheiligten ein gesetzliches Ehehinderniß besteht. Die Polizei hält sich aber auch in sonstigen 
Fällen, soferne sie ein öffentliches Aergerniß verursachen, mit Rücksicht auf ihre allgemeine 
Pflicht, für die öffentliche Ordnung zu sorgen, für befugt, einzuschreiten mit Exekutivstrafen, 
äußersten Falles mit unmittelbarer Gewaltanwendung. 
Was sodann die gewerbsmäßige Unzucht anlangt, so ist durch § 361 Z. 6 R. Str.= 
G. B. die gewerbsmäßige Unzucht liederlicher Frauenspersonen unter polizeiliche Aufsicht ge- 
stellt, so daß Weibspersonen, welche ohne unter polizeilicher Aufsicht zu stehen, gewerbsmäßige 
Unzucht treiben, oder welche den zur Sicherung der Gesundheit, der öffentlichen Ordnung und 
des öffentlichen Anstandes erlassenen polizeilichen Vorschriften zuwiderhandeln, bestraft und 
der Landespolizeibehörde überwiesen werden können. Die Errichtung von Bordellen ist gegen- 
über dem § 180 R. Str.G.B. unzulässig und kann auch durch polizeiliche Konzession nicht 
straflos gemacht werden?). 
III. Zum Zwecke der Bekämpfung der Trunksucht droht das R.Str.G.B. 8§ 361 
Z. 5 denjenigen Personen Strafe an, die durch Trunksucht in einen Zustand gerathen, in 
welchem zu ihrem Unterhalte und zum Unterhalte derjenigen, zu deren Ernährung sie ver- 
pflichtet sind, fremde Hilfe durch Vermittelung der Behörde in Anspruch genommen werden 
muß. — Außerdem kann durch Polizeiverordnung den Wirthen die Verabreichung von Getränken 
an Trunkenbolde und Schüler untersagt werden. — Ferner gehört hierher die Beschränkung 
  
1) Auch die Archive sind hier zu erwähnen. Vgl. den Art. Archive in Stengel's Wörterbuch 
des Verw.-Rechts, I, S. 62 f. 
2) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., IV, S. 193 ff. — Schulze, das 
preuß. Staatsrecht, 2. Aufl., II, S. 364. — Grotefend, Lehrbuch des preuß. Verw.-Rechts, II, 
S. 857 ff. — Hue de Grais, Handbuch der Verfassung und Verwaltung, 8. Aufl., S. 305 ff. — 
G. Meyer, Lehrbuch des deutschen Verw.-Rechts, 1, 2. Aufl., S. 265 ff. — Stengel, Lehrbuch des 
deutschen Verw.-Rechts, S. 343 ff. — O. Mayer, Art. Sittenpolizei in Stengel's Wörterbuch des 
Verw.-Rechts, II, S. 455 ff. 
3) Auch die Bestrafung der Thierquälerei nach § 360 Z. 13 N. Str. G.B. ist hier zu erwähnen. 
4) In das Gebiet der Sittenpolizei gehören auch die Strafbestimmungen der §8§ 183 u. 184 
R. Str. G. B.
	        
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