544 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8 134.
und Beaufsichtigung der Schankwirthschaften und des Kleinhandels mit Spirituosen (vgl. 8 122)
und die Bestimmung einer Polizeistunde (R. Str. G.B. § 365).
IV. Was die Polizei der Glücksspiele anlangt ), so ist zunächst zu erwähnen, daß
das R.G. v. 1 7.1868 (B.G.Bl. S. 367) die Schließung der öffentlichen Spielbanken an-
geordnet und die Duldung neuer Unternehmungen dieser Art den Landesobrigkeiten untersagt
hat. Ferner ist der gewerbsmäßige Betrieb von Glücksspielen verboten (R. Str. G.B. 8284).
Ebenso ist der Ankauf und Verkauf von Lotterieloosen im Hausirhandel und im Umherziehen,
sowie der Betrieb von Ausspielungen und Lotterien im Umherziehen untersagt. Oeffentliche
Lotterien und öffentlich veranstaltete Ausspielungen von beweglichen und unbeweglichen Sachen
dürfen nur mit obrigkeitlicher Genehmigung veranstaltet werden (R. Str. G. B. § 286). Die
Veranstaltung von Glücksspielen jeder Art auf einem öffentlichen Weg oder an einem öffent-
lichen Versammlungsorte darf nur mit obrigkeitlicher Erlaubniß geschehen (R. Str. G. B. § 285
u. 360). Wer sich dem Spiel derart hingiebt, daß er für seinen und seiner Angehörigen Unter-
halt nicht mehr sorgen kann, ist nach § 361 R. Str. G. B. strafbar.
2. Abschnitt:
Das Kirchenstaatsrecht.
§ 134. Staat und Kirche im Allgemeinen 2). In Tit. 11 Th. II. regelt das all-
gemeine Landrecht unter der Ueberschrift „von den Rechten und Pflichten der Kirchen und geist-
lichen Gesellschaften“ in eingehender Weise die Verhältnisse des sog. Kirchenstaatsrechtes auf
der Grundlage des Territorialsystemes. Nachdem zunächst die Grundsätze der Glaubens= und
Gewissensfreiheit festgestellt sind, bezeichnet es in § 11 als Kirchengesellschaften diejenigen Re-
ligionsgesellschaften, welche sich zur öffentlichen Feier des Gottesdienstes verbunden haben. In
den §§ 14 ff. werden dann die Kirchengesellschaften wieder geschieden in: a) unerlaubte, b) öffent-
liche aufgenommene, c) geduldete.
Für den Begriff der unerlaubten Kirchengesellschaften ist maßgebend der in § 13
aufgestellte Grundsatz, daß jede Kirchengesellschaft verpflichtet ist, ihren Mitgliedern Ehrfurcht
gegen die Gottheit, Gehorsam gegen die Gesetze, Treue gegen den Staat und sittlich gute Ge-
sinnungen gegen ihre Mitglieder einzuflößen. Im Anschluß daran bestimmt dann § 14, daß
Religionsgrundsätze, welche diesem Prinzip zuwider sind, im Staate nicht gelehrt und weder
mündlich noch in Volksschriften ausgebreitet werden sollen und § 15 legt dem Staate das aus-
schließliche Recht bei, dergleichen Grundsätze nach angestellter Prüfung zu verwerfen und deren
Ausbreitung zu untersagen (jus reformande).
Die hiernach noch verbleibenden Kirchengesellschaften zerfallen dann in öffentlich aufge-
nommene und geduldete. Die vom Staate aus drücklich aufgenommenen Kirchengesell-
schaften haben die Rechte privilegirter Korporationen. Die von ihnen zur Ausübung ihres
Gottesdienstes gewidmeten Gebäude werden Kirchen genannt und sind als privilegirte Gebäude
des Staates (d. h. öffentliche Sachen) anzusehen. Die bei solchen Kirchengesellschaften zur
Feier des Gottesdienstes und zum Religionsunterrichte bestellten Personen haben mit anderen
Beamten des Staates gleiche Rechte (§§ 17—19).
1) Das Verbot des Spielens in auswärtigen Lotterien (G. v. 29/7. 1885) ist nicht durch sitten-
polizeiliche, sondern finanzpolitische Gründe veranlaßt.
2) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., Bd. II, S. 370 ff. — Schulze,
Deutsches Staatsrecht, Bd. I. S. 660 ff. — Schulze, Preuß. Staatsrecht, 2. Aufl., Bd. II, S. 452 ff.
— Bornhak, Preuß. Staatsrecht, III, S. 613 ff. — Hinschius, Staat und Kirche in Marquard-
sen's Handbuch des öffentl. Rechts, I. Bd. 1. Abth. S. 187 ff. — Koch's Landrecht (8. Aufl.), Bd. IV.
S. 162 ff. — Hinschius, Preuß. Kirchenrecht im Gebiete des allg. Landrechts, 1884.