550 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8 136.
hessen das G.v. 28/10. 1848 8 3 und die V. v. 13 / 4. 186583 (Samml. d. Ges. XI S. 153,
XIII S. 33); in Nassau sind noch die VV. v. 22. u. 26/3. 1808 (Kamptz, Sammlung
S. 80) in Kraft; in Frankfurt eine V. v. 5/9. 1811 und ein G. v. 8/7. 1817 (Kamptz,
Sammlung S. 28 ff.).
§6 136. Das Verhältniß des Staates zu den Religionsgesellschaften überhaupt ).
I. Was die Rechtsverhältnisse der Religionsgesellschaften anlangt, so hat Art. 12 V. U. neben
der Freiheit des religiösen Bekenntnisses auch die Freiheit der Vereinigung der Religions=
gesellschaften und der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Religionsübung gewährleistet.
Darnach unterliegen solche Vereinigungen lediglich den allgemeinen Vereinsgesetzen, auf welche
auch Art. 12 ausdrücklich verweist, indem er die von dem Vereinsrecht und der Ertheilung der
Korporationsrechte handelnden Art. 30 und 31 V. U. in Bezug nimmt. Daraus folgt, daß im
Gegensatze zum A.L. R. II, 11 810 und zum Patent v. 30/3.1847 die Bildung von Religions=
gesellschaften keiner staatlichen Genehmigung mehr unterliegt. Ferner ist auch das Recht des
Staates, die Grundsätze einer Religionsgesellschaft auf Grund des §§ 13— 16 Tit. 11 Th. I
A.L. R. zu prüfen, weggefallen. Die Lehren und Grundsätze der Religionsgesellschaften unter-
liegen lediglich den in den Strafgesetzen gegebenen Vorschriften. Nach dem A.L. R. II, 11
§§ 11, 12 zerfallen die Religionsgesellschaften im weiteren Sinne in Kirchengesellschaften, d. h.
Verbindungen zur öffentlichen Feier des Gottesdienstes und geistliche Gesellschaften zu gewissen
anderen besonderen Religionsübungen (Stifte, Klöster, Orden u. s. w. A.L. R. II, 11 88 939 ff.).
In ähnlicher Weise unterscheidet die V.U. 88 12 und 13 zwischen Religionsgesellschaften und
geistlichen Gesellschaften, indem in § 13 bestimmt ist, daß Gesellschaften der einen wie der
anderen Art, welche keine Korporationsrechte haben, diese Rechte nur durch besondere Gesetze
erlangen können. Zu bemerken ist dabei, daß unter Religionsgesellschaften im Sinne des
Art. 13 V. U. nicht bloß Einzelgemeinden zu verstehen sind, welche die einschlägigen Vorschriften
des Allgemeinen Landrechtes im Auge hatten, sondern auch die aus einer Anzahl von Einzel-
gemeinden bestehenden religiösen Gesammtvereinigungen.
Indem hier von den geistlichen Gesellschaften abgesehen wird, und nur die Religions=
gesellschaften berücksichtigt werden, so ist vor Allem in Hinblick auf Art. 13 V. U. zu betonen,
daß dieselben zerfallen: 1. in solche mit Korporationsrechten und 2. solche ohne Korporations-=
rechte. Letztere haben keine vermögensrechtliche Persönlichkeit, wohl aber die ersteren, die auch
außerdem im Rechte eine bevorzugte Stellung einnehmen; so unterliegen z. B. nach § 2 Abs. 3
des Vereins-G. v. 11/3. 1850 kirchliche und religiöse Vereine und deren Versammlungen nicht
den polizeilichen Beschränkungen, welche Versammlungen, in denen öffentliche Angelegenheiten
erörtert werden und Vereine, welche eine Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezwecken,
unterliegen, soferne die kirchlichen und religiösen Vereine Korporationsrechte haben (vgl. auch
§ 166 Str.G.B.).
Unter den mit Korporationsrechten ausgestatteten Religionsgesellschaften nehmen die
vom Staate ausdrücklich und öffentlich aufgenommenen eine besondere Stellung ein, weil sie
nach dem A.L. R. II, 11 8§ 17—19 die Rechte privilegirter Korporationen haben und ihnen
die daselbst aufgeführten Privilegien zustehen. Zu diesen Religionsgesellschaften gehören die
katholische Kirche (Religionsedikt v. 97.1788, Rabe, Sammlung preuß. G. 1, Abth. 7
S. 726) und die aus der lutherischen und reformirten Kirche vereinigte er angelische Landes-
kirche (Kab. O. v. 27/9. 1817, Kamptz, Annalen I, 1, S. 64). Dazu kommen noch die
evangelischen Landeskirchen der im Jahre 1866 mit der Monarchie vereinigten Gebietstheile.
II. Die die Rechtsverhältnisse der Religionsgesellschaften zum Staate regelnden Gesetze
beziehen sich entweder nur auf eine einzelne Religionsgesellschaft oder sie beziehen sich auf alle
Religionsgesellschaften oder nur auf die mit Korporationsrechten versehenen Religionsgesell-
1) Vgl. hieher die Citate zu § 134.