Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

560 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. § 137. 
verwaltung des Oberkirchenrathes, Feststellung der leitenden Grundsätze hierüber, Prüfung der 
Rechnungen und Ertheilung der Decharge. b) Der Generalsynodalvorstand wird am 
Schlusse jeder ordentlichen Sitzung auf sechs Jahre von der Generalsynode gewählt und fungirt 
bis zur Bestellung des Präsidiums der neuen Synode. Er besteht aus einem Vorsitzenden und 
fünf Beisitzern. Was seine Funktionen anlangt, so ist er zu den Sitzungen und Entscheidungen 
des Oberkirchenrathes, in gewissen Fällen mit vollem Stimmrecht, zuzuziehen (Entscheidungen 
letzter Instanz über die dogmatische Stellung eines designirten Pfarrers oder wegen Irrlehre 
gegen einen Angestellten; Feststellung der vom Oberkirchenrath der Generalsynode vorzulegen- 
den Gesetzentwürfe, sowie der vom Oberkirchenrath zu erlassenden allgemeinen Dienstesinstuk- 
tionen; Vorschläge zur Besetzung von Generalsuperintendentenstellen; vermögensrechtliche Ver- 
tretung der Landeskirche), ch Der Generals ynodalrath ist ein durch achtzehn von der Gene- 
ralsynode zu wählende Mitglieder verstärkter Generalsynodalvorstand, der mindestens einmal 
jährlich nach Berlin zu berufen ist, um nach dem Ermessen des Oberkirchenrathes mit diesem 
zu berathen „über Aufgaben und Angelegenheiten der Landeskirche, in wwelchen die Kirchen- 
regierung zur Feststellung leitender Grundzüge den Beirath dieses landeskirchlichen Synodal- 
organes für nothwendig erachtet“ 7). 
IV. Die in den im Jahre 1866 mit der preußischen Monarchie vereinigten Gebieten 
vorhandenen Landeskirchen wurden mit der evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen 
nicht vereinigt; sie behielten vielmehr ihre bisherige allerdings durch spätere Gesetze vielfach 
abgeänderte Kirchenverfassung. Selbstverständlicher Weise ist aber — abgesehen von den refor- 
mirten Gemeinden der Provinz Hannover, die eine rein synodale Verfassung haben, — das 
oberste Kirchenregiment der früheren Landesherren auf den König übergegangen als Annexum 
der Staatsgewalt. 
Da die Zuständigkeit des evangelischen Oberkirchenrathes auf die Landeskirchen der neu 
erworbenen Provinzen nicht ausgedehnt wurde, werden die kirchenregimentlichen Befugnisse, 
soweit sie nicht dem Landesherren als Oberbischof vorbehalten sind, durch den Minister der 
geistlichen Angelegenheiten ausgeübt. 
Als Organe des landesherrlichen Kirchenregimentes bestehen in den neuen Provinzen 
ebenfalls Konsistorien, die theils schon früher bestanden, theils neu errichtet wurden: 1. Durch 
V. v. 22/9. 1867 (G. S. S. 1569) wurde für den Regierungsbezirk Wiesbaden mit Aus- 
schluß der Stadt Frankfurt a. M. ein evangelisches Konsistorium in Wiesbaden, unter Leitung 
eines weltlichen Vorsitzenden, errichtet, welchem der Generalsuperintendent, ein Justitarius und 
die erforderlichen geistlichen Räthe beigegeben sind und dessen Wirkungskreis diejenigen Ge- 
schäfte umfaßt, die den Konsistorien in den älteren Provinzen überwiesen sind. 2. Nach § 3 der 
V. v. 22/9. 1867 blieben im Gebiete der Stadt Frankfurt a. M die dort bestehenden beiden 
Konsistorien für die lutherische und die reformirte Kirche (V. v. 8/2. 1820; G. v. 5/2. 1867) 
erhalten. 3. Durch V. v. 24%4.1867 (G. S. S. 1669) wurde für die Herzogthümer Holstein 
und Schleswig ein evangelisch-lutherisches Konsistorium in Kiel unter Leitung eines weltlichen 
Vorsitzenden errichtet, dem die beiden für Holstein und Schleswig fungirenden Generalsuper- 
  
1) Was die Pfarrer anlangt, so ist die Besetzung der Pfarreien landesherrlicher Kollation, 
ausgenommen derjenigen, mit welcher ein kirchenregimentliches Amt verbunden ist, in der Weise geordnet, 
daß einmal das Konsistorium ernennt, das andere Mal die Gemeinde wählt. Die Wahl erfolgt im 
letzteren Falle durch die vereinigten Gemeindeorgane; wählbar ist jede zur Bekleidung eines Kirchen- 
amtes in der Landeskirche qualifizirte Person. — Bezüglich der Emeritirung der Geistlichen vgl. 
G. v. 15/3. 1880 (G. S. S. 216). — Die Stolgebühren, welche früher einen Bestandtheil des 
Diensteinkommens der Pfarrer bildeten, sind jetzt beseitigt, ogl. G. v. 3/9. 1892, betreffend die Auf- 
hebung von Stolgebühren für Taufen u. s. w. in der evangelischen Landeskirche der älteren Pro- 
vinzen der Monarchie (G. S. S. 267). Auch in anderen Provinzen ist die Aufhebung erfolgt, näm- 
lich in Schleswig-Holstein G. v. 14/8. 1892 (G. S. S. 243), in Hannover G. v. 18/6. 1892 
(G. S. S. 259) u. v. 30/3. 1893 (G. S. S. 63).
	        
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