8 138. Die katholische Kirche. 563
wurde mit der Kurie vereinbart, daß das Breve v. 16/7. 1821 in der ganzen Monarchie zur
Anwendung kommen solle (Schulze a. a. O. S. 534)1).
Die Verfassung der katholischen Kirche im vormaligen Königreiche Hannover beruht auf
der Cirkumskriptionsbulle v. 26/3. 1824, Impensa Romanorum Pontificum sollicitudo,
welche durch Patent v. 20/5. 1824 als landesherrliches Gesetz publizirt wurde. Diese Bulle
theilte Hannover in zwei Diözesen, Hildesheim, zu welchem auch Braunschweig gehört, und
Osnabrück. Sie trifft Bestimmungen über die Bischofswahlen und die Verleihung der Kapitels-
pfründen, die Organe der Bischöfe und die Vergebung der Pfarrbeneficien. Im Uebrigen ist
die Regelung der Beziehungen der katholischen Kirche zum Staate erfolgt durch das Landes-
Verfass.-G. v. 6°8. 1840 und die dazu gehörige Nov. v. 5/9.1848. Im Landes-V. G. (§ 63 ff.)
ist der römisch-katholischen wie der evangelischen Kirche freie öffentliche Religionsübung und
der Besitz ihrer verfassungsmäßigen Rechte zugesichert, gleichzeitig aber dem König kraft der
ihhm zustehenden Staatsgewalt über beide Kirchen das Oberaufsichts= und Schutzrecht vor-
behalten.
Das vormalige Kurfürstenthum Hessen, das vormalige Herzogthum Nassau und
die vormals freie Stadt Frankfurt a M. gehören zur oberrheinischen Kirchenprovinz, welche
auf Grund der zwischen den betheiligten Regierungen unter sich und der Kurie gepflogenen Ver-
handlungen durch die Cirkumskriptionsbulle Provida sollersque v. 16/8. 1821 gegründet
wurde und die Erzdiözese Freiburg mit den Suffraganbisthümern Rottenburg, Mainz, Fulda
und Limburg umfaßt. Zur Ergänzung der Bulle v. 16/8. 1821 erging eine weitere v. 11/4.
1827 Ad domenici gregis custodiam. Durch diese Bullen sind die bischöflichen Sprengel ab-
gegrenzt und die Festsetzungen wegen der Bischofswahlen und die Bestimmungen über die Be-
setzung der Kapitularpfründen getroffen 2) 3)7).
Die Bischofswahl erfolgt in Hannover und in der oberrheinischen Kirchenprovinz durch
die Kapitel und zwar ist die Kandidatenliste vorher der Regierung vorzulegen, welche so viele
Kandidaten streichen kann, daß aus den übrig gebliebenen noch eine Wahl durch das Kapitel
möglich ist.
Der zum Bischof Gewählte bedarf der staatlichen Anerkennung und hat dem Könige den
Eid der Treue und des Gehorsams zu leisten. (Die Fassung des Eides enthält die V. v. 13/2.
1887, G. S. S. 11.) 5)
Im Falle der Erledigung eines katholischen Bisthums muß nach dem G. v. 20/5.1874
(G. S. S. 135), bezw. Art. 11 d. G. v. 21/5. 1886 (G.S. S. 147) und Art. 6 d. G. v.
29/4. 1887 (G.S. S. 127) Jeder, der in einem erledigten katholischen Bisthum bischöfliche
Rechte bis zur Einsetzung eines staatlich anerkannten Bischofes ausüben will, dem Oberpräsi-
denten der Provinz, in welcher sich der erledigte Bischofssitz befindet, unter Angabe des Um-
fanges der auszuübenden Rechte schriftliche Mittheilung machen, den kirchlichen Auftrag, so-
1) Sybel, das Recht des Staates bei Bischofswahlen in Preußen u. s. w. 1873. — Fried-
berg, das Veto der Regierungen bei Bischofswahlen in Preußen u. s. w., 1869.
2) Die vormals großherzogl. hessischen Gebietstheile gehören zum Bisthum Mainz, die hohen-
zollern'schen Lande zum Erzbisthum Freiburg.
3) Die Katholiken in den Herzogthümern Schleswig und Holstein gehören in kirchlicher Bezieh-
ung zum Apostolischen Vikariate der nordischen Missionen, dem der jedesmalige Bischof von Osnabrück
als Provikar vorsteht.
4) Die sog. Altkatholiken hat der preuß. Staat noch als Angehörige der kathol. Kirche
behandelt, trotzdem aber als eine besondere kirchliche Gemeinschaft mit eigener Organisation neben der
kathol. Kirche anerkannt. In Folge dessen sind durch das G. v. 4/7. 1875 (G. S. S. 333) der Mit-
genuß des Kirchenvermögens, sowie der Mitgebrauch der Kirche und des Kirchhofs den Altkatholiken
nach Art des Simultaneums gestattet.
5) Abgesehen von der Bischofswahl hat der Staat nach den verschiedenen Cirkumskriptionsbullen
auch noch besondere Befugnisse bei Besetzung von Kanonikaten und anderen Stiftsstellen (ogl. Born-
hak a. a. O., S. 652 und Hin schius, Kirchenrecht, II, S. 696).
36“