8 139. Die übrigen Religionsgesellschaften. 567
langen dadurch aber nicht Namen und Charakter von Kirchen (vgl. A.L. R. II, 11 § 18 und
Patent v. 30/3. 1847, G. S. S. 121). Die anzustellenden Geistlichen müssen von unbe-
scholtenem Wandel, zu einer bestimmten Gemeinde vocirt, vom Vorstande bestätigt und von
einem ordinirten Geistlichen ordinirt sein. 2. Die Herrenhuter und die Böhmischen
Brüder haben Korporationsrechte erhalten durch die Generalkonzession für Schlesien v. 7/5.
1746 und durch die Generalkonzession für die übrigen Landestheile v. 18/7. 1763. Nach
diesen, natürlich in den später erworbenen Gebieten nicht geltenden Konzessionen ist den
Herrenhutern öffentliche Religionsausübung und ihre eigene bischöfliche Kirchenverfassung ge-
währleistet. Sie können Gemeinden mit Korporationsrechten bilden, denen jedoch die be-
sonderen Vorrechte der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden nicht zukommen.
3. und 4. Die Mennoniten= und Baptistengemeinden, deren Verhältnisse durch die G.
v. 12/6. 1874 (G. S. S. 238) und 7/7. 1875 (G. S. S. 374) geregelt sind. Nach diesen in-
haltlich übereinstimmenden Gesetzen können Mennoniten= und Baptistengemeinden durch gemein-
schaftliche Verfügung der Minister der Justiz, des Innern und der geistlichen Angelegenheiten
Korporationsrechte erlangen. Die Ertheilung der Korporationsrechte ist nur zulässig, darf
aber dann auch nicht versagt werden, wenn a) der Bezirk der Gemeinde geographisch abgegrenzt
ist, b) nach der Zahl und Vermögenslage der dazu gehörigen Mitglieder anzunehmen ist, daß
die Gemeinde den ihr behufs Ausübung des Gottesdienstes nach ihren Grundsätzen zu über-
nehmenden Verpflichtungen dauernd zu genügen im Stande sein wird; c) in dem Statute der
Gemeinde keine Feststellungen getroffen sind, welche mit den allgemeinen gesetzlichen Bestimm-
ungen im Widerspruche stehen. 5. Zu den mit Korporationsrechten ausgestatteten Religions=
gesellschaften gehören auch die Synagogengemeinden. Die Kultusverhältnisse der Juden sind
in den alten Provinzen geregelt durch das G. v. 23/7. 1847 über die Verhältnisse der Juden
§§ 35 ff. Nach diesen Bestimmungen sollen die Juden nach Maßgabe der Orts= und Be-
völkerungsverhältnisse dergestalt in Synagogengemeinden oder Judenschaften vereinigt werden,
daß alle innerhalb eines Synagogenbezirkes wohnenden Juden einer solchen Gemeinde ange-
hören. Die Bildung und Abänderung der Synagogenbezirke erfolgt durch die Regierungen
nach Anhörung der Betheiligten. Die einzelnen Gemeinden erhalten in Bezug auf ihre Ver-
mögensverhältnisse die Rechte juristischer Personen. Die äußere Gemeindeverfassung ist im
Gesetze geregelt, die staatliche Aufsicht über die Gemeinden wird durch die Regierungen geführt,
welche die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu kontrolliren, die Beschwerden Einzelner zu ent-
scheiden und gewisse Gemeindebeschlüsse zu genehmigen haben. Ueber die im Gesetze selbst nicht
geordneten oder statutarischer Regelung vorbehaltenen Gegenstände muß jede Gemeinde ein
Statut errichten, welches insbesondere zu bestimmen hat, ob Kultusbeamte angestellt und wie
dieselben gewählt werden sollen. Dasselbe unterliegt der Bestätigung des Oberpräsidenten.
Die Kosten zur Deckung der Bedürfnisse der Synagogengemeinden werden nach Maßgabe des
Statuts auf die einzelnen Beitragspflichtigen umgelegt und können, nachdem die Heberollen
von der Regierung für vollstreckbar erklärt sind, im Verwaltungswege eingezogen werden.
In den neuen Provinzen sind die früheren die Rechtsverhältnisse der Juden regelnden
Gesetze in Kraft geblieben. Demgemäß gelten a) in Schleswig-Holstein für Schleswig die V.
v. 8/2. 1854 (V.S. S. 124) und für Holstein das G. v. 14/7. 1863 (holst. G. S. S. 167,
vgl. auch A.E. v. 24/6. 1867, G. S. S. 1308); b) in Hannover das G. v. 30/9. 1842
(hann. G. S. Abth. I S. 211) und die V. v. 31/12. 1860 (ebendaselbst S. 47); c) in Kur-
hessen die V. v. 30/12. 1823 mit einer Nov. v. 29/10. 1833 (G.S. für Kurhessen 1823
Nr. 12, 1833 Nr. 16); ch in Nassau die V. v. 7/1. 1852 (nass. V. Bl. S. 6); e) in Frank-
furt al M. das Reglement v. 9/3. 1839 (Makower S. 94 ff.); t) in den ehemaligen großher-
zoglich hessischen Gebietstheilen die V. v. 2/11. 1841 (großh. hess. R. Bl. S. 637); 9) in den
ehemaligen bayerischen Gebietstheilen das Judenedikt v. 10/6. 1813 (bayer. R. Bl. S. 921).
Für das ganze Staatsgebiet gilt das G. v. 28/7. 1876, betreffend den Austritt aus den