568 Siebentes Buch: Die auswärtigen Angelegenheiten. 8 140.
jüdischen Synagogengemeinden (G. S. S. 353), welches jedem Juden ohne Austritt aus der
jüdischen Religionsgesellschaft den Austritt aus der bisherigen Synagogengemeinde wegen
religiöser Bedenken gestattet. Ebenso sind die Rechtsmittel bezüglich der Geltendmachung von
Rechten und Pflichten Einzelner gegenüber der Synagogengemeinde durch §§ 54 Z.G. einheit-
lich für das ganze Staatsgebiet geregelt.
Siebentes Buch.
Die auswärtigen Angelegenheiten).
§ 140. Allgemeines. Die Organe der Verwaltung der auswärtigen Angelegen-
heiten 1). I. Die Verwaltung des Auswärtigen hat die Aufgabe, den Verkehr des Staates
mit anderen Staaten zu besorgen und die Rechte und Interessen der Staatsangehörigen im
Auslande zu vertreten.
Im deutschen Reiche konkurriren auch auf diesem Verwaltungsgebiete das Reich und die
Einzelstaaten, welche trotz ihrer Zugehörigkeit zum Reiche ihre Stellung als Rechtssubjekte
des Völkerrechtes nicht oder doch nicht vollständig verloren haben. Zu den auswärtigen An-
gelegenheiten der Einzelstaaten gehören nicht bloß ihre Beziehungen zu fremden Staaten,
sondern auch die zu den übrigen deutschen Staaten, wie auch die Beziehungen der Einzelstaaten
zum Reiche formell zu den auswärtigen Angelegenheiten gerechnet werden.
Was den Umfang der Zuständigkeit auf dem Gebiete der auswärtigen Angelegenheiten
anlangt, so steht dem Reiche ausschließlich das Recht zu, Krieg zu erklären und Frieden zu
schließen. In der Reichsverfassung ist zwar dieses Recht den Einzelstaaten nicht ausdrücklich
entzogen, die Ausschließung der Zuständigkeit der Einzelstaaten in dieser Beziehung ergiebt sich
aber schon daraus, daß die gesammte deutsche Heeresmacht unter dem Oberbefehle des Kaisers
steht und die Einzelstaaten über ihre Kontingente zum Zwecke ihrer Verwendung im Kriege
gar nicht verfügen können. Dagegen ist hinsichtlich des Rechtes, Staatsverträge abzuschließen,
die Zuständigkeit des Reiches theils eine ausschließende, theils eine konkurrirende.
Ebenso konkurriren die Organe bezüglich des völkerrechtlichen Verkehres, der Gesandten
und Konsule die Einzelstaaten mit dem Reiche.
Nach Art. 11 R.V. hat nämlich zwar der Kaiser das Recht, Namens des Reiches Ge-
sandte zu beglaubigen und zu empfangen; durch diese dem Kaiser zustehende Befugnisse ist
jedoch das aktive und passive Gesandtschaftsrecht, welches den Einzelstaaten vor der Gründung
des norddeutschen Bundes, bezw. deutschen Reiches zustand, nicht aufgehoben worden. Die
deutschen Einzelstaaten können daher sowohl untereinander als im Verkehre mit auswärtigen
Staaten Gesandte empfangen und beglaubigen.
Viel beschränkter sind die Befugnisse der Einzelstaaten auf dem Gebiete des Konsulats-
wesens, da Art. 56 R.V. den Einzelstaaten das Recht genommen hat, Landeskonsulate im Aus-
1) Laband, das Staatsrecht des deutschen Reichs, 2. Aufl., II. Bd., S. 2 ff. — Laband,
deutsches Reich (2), S. 142 ff. — G. Meyer, Lehrbuch des deutschen Verw.-Rechts, II, S. 4 ff. —
Schulze, das preuß. Staatsrecht, 2. Aufl., II. S. 611 ff. — Rönne, das Staatsrecht der preuß.
Monarchie, 4. Aufl., I, S. 467 ff. — Bornhak, Preuß. Staatsrecht, III, S. 1 ff.