574 Achtes Buch: Das Heerwesen. 8 142.
mentern von drei Bataillonen eingetheilt und war derart mit dem stehenden Heere verbunden,
daß jede Division außer den technischen Truppen aus einer Brigade Linieninfanterie, eine Bri—
gade Landwehrinfanterie und einer Kavalleriebrigade bestand.
An der Spitze der Militärverwaltung stand das durch Kab. O. v. 16/12. 1808 er-
richtete Kriegsministerium; durch Kab. O. v. 1/11. 1820 wurde für jedes Armeekorps eine
bureaukratisch eingerichtete Militärintendantur geschaffen, deren Aufsicht sich über die gesammte
Militärverwaltung der ihr in Bezug auf diese untergebenen Truppentheile erstreckte. Die-
selben waren unmittelbar dem Kriegsministerium untergeordnet.
III. An den Grundlagen der so geschaffenen Heeresverfassung wurde in den nächsten
Jahrzehnten nichts geändert. Erst die Armeeorganisation des Jahres 1860 brachte ein-
schneidende Neuerungen. Die aus Anlaß des italienischen Krieges im Jahre 1859 vorge-
nommene Mobilmachung hatte nämlich die Mängel der bestehenden Heereseinrichtungen sehr fühl-
bar gemacht, namentlich hatte sich gezeigt, daß wegen der innigen Verbindung der Landwehr mit
der Linie die älteren Mannschaften der Landwehr gleichzeitig, bezw. unter Umständen noch vor
den jüngeren Mannschaften der Linie zum Dienste herangezogen werden mußten. In Folge
dessen legte die Regierung am 9/2.1860 dem Landtage den Entwurf eines Gesetzes, betreffend
die Verpflichtung zum Kriegsdienste vor, dessen Grundzüge dahin gingen, die Dienstpflicht im
stehenden Heere (einschließlich der Reserve) auf acht Jahre auszudehnen und die Dienstzeit der
Landwehr unter Wegfall der Unterscheidung eines ersten und zweiten Aufgebots auf elf Jahre
zu bemessen, die Landwehr aber überhaupt fortan „zunächst nur zur Vertheidigung des Vater-
landes innerhalb der Landesgrenzen zu verwenden“.
In den Motiven zu dem Gesetzentwurfe, betreffend die Feststellung eines Nachtrages
zum Staatshaushaltsetat von 1860, war sodann der Plan entwickelt, nach welchem das Heer
umgeformt werden sollte. Es sollte nämlich die Zahl der Kadres der Garde= und Linien=
infanterie verdoppelt werden, dagegen die Landwehrinfanterie aus dem in erster Linie zu mobili-
sirenden Kriegsheer ausscheiden, schwache Friedensstämme und die vorzugsweise Bestimmung
haben, als Festungsbesatzung zu dienen. Ebenso sollten 18 neue Kavallerieregimenter der stehen-
den Armee den bisherigen hinzutreten, dagegen sollten die Stämme der Landwehrkavallerie
wegfallen und ebenso die entsprechende Kriegsformation derselben.
Eine Einigung der Regierung mit dem Landtage über den Gesetzentwurf, betreffend die
Verpflichtung zum Kriegsdienste gelang nicht. In Folge dessen bewilligte auch der Landtag
die Kosten für die von der Regierung im Verordnungswege durchgeführte, dem obigen Plane
in der Hauptsache entsprechende Reorganisation bloß für eine bestimmte Zeit, indem er die
Reorganisation als bloße Marschbereitschaft auffaßte. Die Regierung hielt jedoch trotzdem die
Reorganisation aufrecht und setzte die dadurch veranlaßten Kosten neuerlich in den Entwurf
des Staatshaushaltsetates ein.
Als sodann am 23/9. 1862 das Abgeordnetenhaus die Kosten der Armeereorganisation
vom Budget absetzte, wogegen das Herrenhaus am 11/10. 1862 das vom Abgeordnetenhause
beschlossene Budget ablehnte und das von der Regierung vorgelegte annahm, entstand der be-
kannte Verfassungskonflikt, der erst durch die am 3/9. 1866 der Regierung ausgesprochenen
Indemnität für die während mehrerer Jahre ohne Etatsgesetz geführte Verwaltung sein Ende
fand.
Mit der Errichtung des norddeutschen Bundes ging das Recht der Militärgesetzgebung
auf den Bund über (Art. 4 N. 14 und Art. 57 ff. der norddeutschen Bundesverfassung). Das
preußische Heer bildet jetzt einen Bestandtheil des Reichsheeres und in Folge dessen gehört die
Geschichte der weiteren Entwickelung der Heeresorganisation nicht mehr in die Darstellung des
preußischen Staatsrechtes.