Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

54 Zweites Buch: Staat uud Staatsverfassung. II. Kapitel. § 19. 
König von Preußen auch die kaiserliche Titulatur und das kaiserliche Wappen nebst 
der kaiserlichen Standarte. (Vgl. kaiserl. Erlaß v. 3/8.1871 R.G. Bl. S. 318 und 458). 
II. Kapitel. 
Das Staatsgebiet und die Staatsangehörigen. 
§ 19. Das Staatsgebiet 1). I. Volk und Land bilden die Grundlage des Staates 
und die Gegenstände seiner Herrschaft. Auch das Gebiet ist der Staatsgewalt unterworfen, 
die in Beziehung auf das Gebiet als Gebietshoheit bezeichnet wird, insoferne als die Staats- 
gewalt über die das Staatsgebiet ausmachenden Bestandtheile der Erdoberfläche verfügen und 
jeden dritten Staat vor der Ausübung einer öffentlichen Gewalt innerhalb ihres Gebiets 
abhalten kann. Nach Art. 1 d. V. U. bilden alle Landestheile der Monarchie „in ihrem gegen- 
wärtigen Umfange“ das preußische Staatsgebiet. 
Veränderungen des Gebietsumfangs der Monarchie seit der Zeit des Erlasses der Verfassungs- 
Urkunde sind erfolgt durch die Erwerbungen der Fürstenthümer Hohenzollern-Hechingen und 
Hohenzollern-Sigmaringen (G. v. 12/3.1850, G. S. S. 289), des Jadegebiets (Patent v. 5/11. 
1854, G.S. 593), des Königreichs Hannover, des Kurfürstenthums Hessen, des Herzogthums 
Nassau und der freien Stadt Frankfurt a' M. (G. v. 20/9. 1866, G.S. S. 555), der Herzog- 
thümer Schleswig und Holstein (G. v. 24/12. 1866, G. S. S. 875), der ehemals bayerischen 
Gebietstheile: Bez.-Amt Gersseld, Landgerichtsbezirk Orb ohne Aura, die zwischen Saalfeld und dem 
preußischen Landkreis Ziegenrück gelegene Enklave Kaulsdorf (G. v. 24/12. 1866, G.S. S. 876), der 
ehemaligen hessischen Gebietstheile: Landgrafschaft Hessen-OHomburg einschließlich des Oberamts- 
bezirks Meisenheim, jedoch ausschließlich der Domänialgüter Hötensleben und Orbisfelde, des Kreises 
Biedenkopf, des Kreises Vöhl einschließlich der Enklaven Eimelrod und Höringhausen, des nordwest- 
lichen Theils des Kreises Gießen, des Ortsbezirks Rödelheim und des bisher unter großherzoglich 
hessischer Souveränität stehenden Theiles des Ortsbezirks Niederursel (G. v. 24/12. 1866, G. S. S. 876), 
des Herzogthums Lauen burg (G. v. 23/6. 1876, G.G. S. 169). Zu diesem Gebiete ist noch hin- 
zugetreten die Insel „Helgoland“, welche durch Art. XII § 1 des am 1/7. 1890 zwischen dem 
deutschen Reiche und England abgeschlossenen Uebereinkommens an den deutschen Kaiser abgetreten und 
auf Grund des R.G. v. 15/12. 1890 (R.G.Bl. S. 207) durch G. v. 28/2. 1891 (G. S. S. 11) mit 
der preußischen Monarchie vereinigt wurde 2). 
II. Das preußische Staatsgebiet ist ein einheitliches, da der preußische Staat selbst ein 
einheitlicher ist. Es ist ferner untheilbar, d. h. es können einzelne Theile desselben nur auf 
Grund eines formellen Gesetzes abgetrennt werden. Dieser Grundsatz ist zwar in der Verfassungs- 
urkunde nicht ausdrücklich ausgesprochen worden, ergiebt sich aber aus der Einheitlichkeit des 
Staates von selbst und findet auch seinen Ausdruck in Art. 2 V. U., wonach die Grenzen des 
preußischen Staatsgebiets nur durch Gesetz (einfaches Gesetz, nicht Verfassungsgesetz) verändert 
werden können. Hiernach also ist nicht bloß die Veräußerung von Gebietstheilen lediglich auf 
Grund eines Gesetzes möglich, sondern es wird auch jede Erwerbung erst durch das sie genehmigende 
Gesetz staatsrechtlich gültig. Ob das zu erwerbende bezw. zu veräußernde Gebiet groß oder klein 
ist und ob etwa lediglich ein Austausch zum Zweck einer Grenzberichtigung vorliegt, ist gleich- 
gültig. Dagegen fallen selbstverständlich bloße Feststellungen zweifellos vorhandener und bloß 
verdunkelter Grenzen durch Setzung von Grenzsteinen u. s. w. nicht unter Art. 2 V. U. Zweifel- 
haft ist es aber, in welcher Form der Vorschrift des Art. 2 V. U. zu genügen ist, ob es 
ausreicht, daß der Landtag seine Zustimmung zu dem betr. Staatsvertrage ausspricht, oder ob 
ein förmliches Grenzveränderungsgesetz erlassen werden muß. Obwohl der Wortlaut des 
Art. 2 V. U. für die letztere Auffassung spricht, war die bisherige Praxis eine sehr wechselnde; 
auch läßt sich für die erstere Alternative geltend machen, daß es nach der Absicht des Art. 2 V. U. 
  
1) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., I, S. 133 ff. und S. 50 ff. — 
Bornhak, Preuß. Staatsrecht, I, S. 220 ff. — Störk, „Landesgrenzsachen“ in Stengel's 
Wörterbuch des Verwalt.-Rechts, II, S. 1 ff. 
2) Vgl. den Art. „Helgoland“ in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, I. Ergänz.-Bd. S. 51.
	        
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