Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

§ 19. Das Staatsgebiet. 55 
doch nur auf die erfolgte Zustimmung der Volksvertretung ankommt, der gegenüber die Form 
des publicirten Gesetzes unwesentlich ist 9. 
Mit der staatsrechtlichen Vereinigung der betr. Gebiete mit der preußischen Monarchie 
tritt das materielle preußische Verfassungsrecht für das neue Gebiet in Kraft, ohne daß es 
eines ausdrücklichen Aktes der Gesetzgebung bedürfte. Der übrige Rechtszustand des Gebiets 
bleibt dagegen unverändert bis eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung ergeht. Eine Aus- 
nahme von diesem Grundsatze hat jedoch die Kab.-O. v. 29/3. 1837 (G. S. S. 71)2) für die 
bei Grenzregulirungen dem preußischen Staate zufallenden Gebiete festgesetzt. Dieselbe be- 
stimmt, daß a) in allen Fällen, in denen die Grenzregulirung nur verdunkelte und ungewisse 
Grenzen festgestellt hat, die preußische Gesetze, Verordnungen und Vorschriften, die in dem- 
jenigen Gerichtsbezirke gelten, dem die bisherigen streitigen Gebietstheile definitiv zugewiesen 
sind, auch in diesen letzteren als durch die ursprüngliche Publikation für eingeführt zu erachten 
sind; b) dagegen sollen in denjenigen Gebietstheilen, welche seit Einführung der preußischen 
Gesetzgebung in den neu= und wiedereroberten Provinzen in Folge abgeschlossener Grenzregu- 
lirungsrecesse an Preußen abgetreten werden, die preußische Gesetze u. s. w., insofern sie nicht 
bereits auf Grund besonderer Bestimmungen angewendet werden, in Zukunft unter Beobacht- 
ung desjenigen Patents in Kraft treten, wodurch die preußische Gesetzgebung in die Provinz, 
zu welcher das neuerworbene Gebiet fortan gehört, neu oder wiedereingeführt worden ist; 
T) nach den zu a und b gedachten Bestimmungen soll in allen Fällen verfahren werden, in 
welchen künftighin zufolge der mit benachbarten Staaten abgeschlossenen Grenzrecesse entweder 
zweifelhafte und verdunkelte Grenzen festgestellt worden, oder Gebietsabtretungen stattge- 
funden haben, wobei die Minister der Justiz und des Innern ermächtigt sein sollen, in solchen 
Fällen den Zeitpunkt, mit welchem die preußische Gesetzgebung in das neuerworbene Gebiet 
eingeführt werden soll, durch ein in die Amtsblätter der betr. Provinz aufzunehmendes Publi- 
kandum zu bestimmen ist. (Vgl. auch d. G. v. 9/5. 1888 betr. den Rechtszustand einiger vom 
Fürstenthum Lippe-Detmold an Preußen abgetretener Gebietstheile ([G. S. 1889 S. 5), G. v. 
18/6. 1891 /G.S. S. 365)] betr. den Rechtszustand vom Herzogthum Sachsen-Meiningen ab- 
getretener Gebietstheile im Kreise Weißenfeld u. s. w.5) 
  
1) Vgl. über diese Frage Störk a. a. O. S. 3. 
2) Die Gültigkeit dieser Kabinetsordre für die ganze Monarchie ist mit Unrecht von Rönne 
a. a. O. S. 228 bestritten worden. Vgl. darüber Störk a. a. O. S. 5. 
3) Was im Besonderen Helgoland betrifft, so schreibt das G. v. 18/2. 1891 in § 1 vor, 
daß am 1/4. 1891 in H. die preußische Verfassung, sowie eine Anzahl in den §§ 2—10 des G. ent- 
haltenen Bestimmungen in Kraft traten. Von diesen Bestimmungen sind folgende hervorzuheben: 
1. Das Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung vom 30/7. 1883 und das Gesetz über die Zu- 
ständigkeit der Verwaltungs= und Verwaltungsgerichtsbehörde vom 1/8. 1883 traten für H. in Geltung 
(§ 2). 2. H. wurde in Bezug auf die staatliche Verwaltung der Provinz Schleswig-Holstein und dem 
Kreise Süderdithmarschen, sowie für die Wahlen zum Hause der Abgeordneten dem diesen Kreis um- 
fassenden Wahlbezirke zugetheilt, aber mit dem Kommunalverbande der Provinz und des Kreises nicht 
vereinigt (§ 3). Für die Insel H. werden die in der Provinz Schleswig-Holstein den Landräthen zu- 
stehenden Rechte und obliegenden Pflichten einschließlich der örtlichen Polizeiverwaltung einem auf H. 
seinen Wohnsitz nehmenden Hilfsbeamten des Landraths insoweit übertragen, als sie nicht vom Land- 
rathe des Kreises Süderdithmarschen selbst wahrgenommen werden (8 4). H. bildet eine Landgemeinde 
nach Maßgabe der dort in Geltung getretenen V. v. 22/9. 1867, betr. die Landgemeindeverfassungen 
im Gebiete der Herzogthümer Schleswig und Holstein (G. S. S. 1603) und der ebenfalls dort in 
Geltung tretenden 8§8§ 22 bis einschließlich 27 der Kr. O. für die Provinz Schleswig-Holstein v. 26/5. 
1888 (G.-S. S. 139). Die Verfassung der Gemeinde wird im näheren durch ein Statut bestimmt, 
welches nach Anhörung von Eingesessenen und des Kreisausschusses vom Minister des Innern zu er- 
lassen ist (8 6). 
Die Gemeinde H. ist berechtigt, an den vom Kreistage des Kreises Süderdithmarschen zu voll- 
ziehenden Wahlen der Mitglieder des Kreisausschusses und der für Zwecke der allgemeinen Landesver- 
waltung angeordneten Kreiskommissionen, sowie an den Wahlen der Abgeordneten zum Provinzial-
	        
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