Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

80 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. III. Kapitel. § 26. 
aufzunehmen, welcher sie angehören würden, wenn sie nicht befreit wären. Die Abtheilungen 
werden seitens derselben Behörden festgestellt. welche die Urwahlbezirke abgrenzen; ebendie- 
selben Behörden bestimmen das Lokal, in welchem die auf den Urwahlbezirk bezügliche Ab- 
theilungsliste öffentlich auszulegen und die Wahl der Wahlmänner abzuhalten ist, und er- 
nennen den Wahlvorsteher und dessen Stellvertreter; die Abtheilungslisten werden öffentlich 
ausgelegt. In Bezug auf die Berichtigung der Abtheilungslisten ist dasselbe Beschwerdever- 
fahren zulässig, wie hinsichtlich der Urwählerlisten. 
Der Tag der Wahl ist vom Minister des Innern festzusetzen; die Urwähler werden 
zur Wahl durch ortsübliche Bekanntmachung berufen. Der Wahlvorsteher ernennt aus der 
Zahl der Urwähler des Wahlbezirks einen Protokollführer, sowie 3 bis 6 Beisitzer, welche 
mit ihm den Wahlvorstand bilden, und verpflichtet sie mittelst Handschlags an Eidesstatt. 
Die Wahlen erfolgen abtheilungsweise durch Stimmgebung zu Protokoll nach absoluter 
Mehrheit und nach den Vorschriften des Reglements vom 4/9. 1882 mit Nachtrag v. 22/8. 
1885 (M. Bl. f. d. i. V. 1882 S. 182, 1885 S. 164), welches für die ganze Monarchie mit 
Ausnahme der hohenzollern'schen Lande gilt. Für die hohenzollern'schen Lande ist am 11/7. 
1879 ein besonderes Reglement ergangen (Amtsblatt der Regierung von Sigmaringen S. 272). 
In der Wahlversammlung dürfen weder Diskussionen stattfinden, noch Beschlüsse gefaßt werden. 
Wahlstimmen unter Protest oder Vorbehalt abgegeben, sind ungültig. Jede Abtheilung wählt 
ein Drittel der zu wählenden Wahlmänner. Ist die Zahl der in einem Urwahlbezirke zu wäh- 
lenden Wahlmänner nicht durch 3 theilbar, so ist, wenn nur 1 Wahlmann übrig bleibt, dieser 
von der zweiten Abtheilung zu wählen. Bleiben zwei Wahlmänner übrig, so wählt die erste 
Abtheilung den einen und die dritte Abtheilung den anderen. 
Die Wahlmänner werden in jeder Abtheilung aus der Zahl der stimmberechtigten Ur- 
wähler des Urwahlbezirks ohne Rücksicht auf die Abtheilung gewählt. Ergiebt sich bei der 
ersten Abstimmung keine absolute Stimmenmehrheit, so findet die engere Wahl statt; bei 
Stimmengleichheit entscheidet das Loos (§ 18 Abs. 2 Regl. v. 4/9. 1882). Der gewählte 
Wahlmann muß sich über die Annahme der Wahl erklären. Eine Annahme unter Protest 
oder Vorbehalt gilt als Ablehnung und zieht eine Ersatzwahl nach sich. 
Das Protokoll wird vom Wahlvorstande unterzeichnet und sofort dem Wahlkommissär 
für die Wahl der Abgeordneten eingereicht. 
Mit Ausnahme des Falles der Auflösung der Kammer sind die Wahlen der Wahl- 
männer für die ganze Legislaturperiode dergestalt gültig, daß bei einer erforderlich werdenden 
Ersatzwahl eines Abgeordneten nur an Stelle der inzwischen durch Tod, Wegziehen aus dem 
Urwahlbezirke oder auf sonstige Weise ausgeschiedenen Wahlmänner neue zu wählen sind. 
IV. Wählbar zum Abgecordneten ist jeder Preuße, der das 30. Lebensjahr vollendet, 
den Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte in Folge rechtskräftigen richterlichen Erkenntnisses 
nicht verloren hat und bereits ein Jahr lang dem preußischen Staatsverbande angehört 0. 
Ausgeschlossen von der Wählbarkeit zum Abgeordnetenhause sind gemäß Art. 78 Abs. 4 V. U. 
die Mitglieder des Herrenhauses und nach dem G. v. 27/3. 1872 (G. S. S. 277 der Präsi- 
dent und die Mitglieder der Oberrechnungskammer. Sonstige Beamte sind wählbar und be- 
dürfen keines Urlaubs zum Eintritt in die Kammer (V. U. Art. 78, Abs. 2). 
Der Tag der Wahl der Abgeordneten wird vom Minister des Innern festgesetzt, der 
Wahlkommissär für jeden Wahlbezirk wird von dem Regierungspräsidenten ernannt und ebenso 
der Wahlort bestimmt. 
Der Wahlkommissär beruft die Wahlmänner mittelst schriftlicher Einladung zur Wahl 
der Abgeordneten. Er hat die Verhandlungen über die Urwahlen nach den Vorschriften der 
  
1) Diese Bestimmung kann sich gegenüber dem Art. 3 R.V. nur noch auf Personen beziehen 
die vorher einem außerdeutschen Staate angehört haben. Arndt, die V. U. f. d. pr. Staat, S. 189.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.