Full text: Deutsches Kriegszustandsrecht.

S.9. 97 
gelten muß, da die hier vertretene Auffassung (wenn auch 
nicht mit der hier gegebenen, meist überhaupt ohne jede 
Begründung) von den Militärbefehlshabern wie vom 
Reichsgericht (s. oben) in konstanter Praxis vertreten wird, 
folgt, daß zumal keine Seite der Verwaltung einem 
Eingriff des Militärbefehlshabers verschlossen ist. Er 
kann die sonst unantastbare Gewerbefreiheit durch 
Schließung von Läden einschränken, er kann ebensowohl 
Vorschriften über Nahrungsmittel, dabei keines- 
wegs durch die Bundesratsverordnung vom 22. Mai 1916 
über Kriegsmaßnahmen zur Sicherung der Volksernährung 
(Deutscher Reichsanzeiger vom 22. Mai 1916 Nr. 123) 
in seinen Befugnissen zugunsten des Reichskanzlers oder 
des Kriegsernährungsamtes eingeschränkt — vgl. Bayr. 
ObL G. vom 18. November 1915, Beibl. JMl. 1915 
S. 477.—, so. daß also auch deren Anordnungen durch 
eine zeitlich nachfolgende eines Mitärbesehishabers auf- 
gehoben werden könnten (aus Zweckmäßigkeitsgründen 
aber sicher nicht werden!), wie über das Gesundheits- 
wesen, über Fremdenpolizei, erlassen, er kann die Aus- 
zahlung von Löhnen an Jugendliche verbieten und die Be- 
strafung von Personen anordnen, die die Strafmündigkeit 
noch nicht erreicht haben, kurz, seine Gewalt aus § 9b 
ist unbeschränkt, sofern sie nicht in die durch § 5 durch 
Nichterwähnung geschützte Sphäre eingreift und sofern sie 
im Interesse der öffentlichen Sicherheit wirksam wird. — 
Eine Kasuistik, die nicht zum Wesen dieses Kommentars 
gehört, werde ich nicht geben. Vgl. die wertvollen Zu- 
sammenstellungen der militärischen Anordnungen aus §9b 
bei Menner aaO. S. 83—85 und im „Recht“ 1916 
S. 310—330. Z Z ç · 
II. Die öffentliche Sicherheit. Die Frage des 
richterlichen Nachprüfungsrechtes. 
a) Die von den Gegnern der hier vertretenen Meinung 
getadelten weitgehenden Befugnisse des Militärbefehls- 
habers aus § 9b rühren zu großem Teile von einer Über- 
spannung des Begriffs „öffentliche Sicherheit“ her. Zielt 
diese in normalen Zeiten in erster Linie:) auf die 
4) Vgl. aber die berühmte Begriffsbestimmung der 
polizeilichen Urtonen in ALR. II. 17. 10. 
Strupp, Belagerungsgesetz. 7
	        
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