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eine Anwendbarkeit des § 9b. So find, gelegentlich der
Zensurdebatten im Reichstag erwähnte, Bemühungen von
Militärbefehlshabern, eine Reinigung der deutschen Sprache
von Fremdwörtern durch Verbote auf Grund von § 90
zu erreichen, nie und nimmer rechtlich zulässig gewesen
(ogl. Abg. Gothein, StenBer. Reichstag vom 30. Mai
1916 S. 1305 A und B)1).
b) Freilich ist — da § 4 II BM.G. nur in den aller-
seltensten Fällen in Betracht kommen wird — keine Hand-
habe gegen unzulässige Anordnungen aus § 9b in der
Richtung, daß ein Militärbefehlshaber eine Anordnung
unter Berufung auf § 9berläßt, die sich nicht durch das
öffentliche Interesse rechtfertigen läßt, gegeben. Denn als
Frage des Ermessens unterliegt diejenige, ob
eine bestimmte Anordnung unter dem Gesichts-
punkt des öffentlichen Interesses notwendig, oder
auch nur diesem Zwecke dienlich, gerechtfertigt werden
kann, nur dem Erwägen des Militärbefehlshabers, keinem
richterlichen Nachprüfungsrecht, da das Gericht
sonst zu einem über dem Militärbefehlshaber stehenden
Organ gestempelt und eine die öffentliche Sicherheit ge-
fährende Rechtsunsicherheit, also das Gegenteil des Er-
Krebten geschaffen würde (vgl. RG. 11 244/15, Recht 1915
. 346 Nr. 566, DJZ. 1915 S. 924/25, und besonders
S BayObL G. vom 5. Oktober 1915, JIMl. 1916
S. 372, auch ebendort S. 408/409, Ebermayer-Steng-
lein S. 371 und in LZ. 1915 S. 657, Pelarguz und
Conrad ebenda 1186 bzw. 465).
Ob die Anordnungen dem Interesse der öffentlichen
Sicherheit wirklich dienen, bleibt außer Betracht, es
genügt, daß sie dazu bestimmt sind. „Die weck-
bestimmung, nicht der Inhalt sichert dem Verbot an und für
sich den besonderen Strafschutz — so RG. vom 22. Februar
1915 III1 10/15, RGtrafsf. 49 S. zG . d auch RG. III
vom 15. Mai 1915 (III 187/15, L3. 1915 S. 825 Nr. 5).
Wohl aber darf der Richter prüfen, ob die betreffende An-
1) Gegen eine Überspannung auch Gest aber wieder
zu eng): Waldecker, JW. 1916 S. 336, Anm.;
Hottenrott, DJ3. 1916 S. We
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