22 A. Ges., betr. die Verfassung des Deutschen Reiches.
vom 23. November 1870 (BE#Bl. 1871 S. 9) unter III
§5 . zur Anwendung.“ *
Das in dem Novembervertrag wie in Art. 68 NM. in
Aussicht gestellte Reichsgesetz ist bislang noch nicht er-
gangen. Ein solches erlangt mit Erlaß auch Geltung für
Bayern, und zwar ergibt sich aus dem Wortlaut des
Versailler Bündnisvertrags, daß ein solches Gesetz auch
für Friedenszeiten Anwendung für Bayern erlangen
kann (a. A. Seydel, Kommentar, 2. Aufl., S. 379).
Im Rahmen seiner durch Vertrag wie durc die Reichs-
vorfassunge umschriebenen Zuständigkeit hat Bayern durch
Gesetz vom 5. November 1912 (GuBl. S. 1161) ein
eigenes „Gesetz über den Kriegszustand" erlassen.
Das Gesetz nebst der Ministerialbekanntmachung vom
13. März 1913, die Vollzugsvorschriften zum Gesetz über
den Kriegszustand betreffend, wird im Rahmen dieser
Darstellung Erläuterung finden.
V. Besteht noch, abgesehen von dem Reichskriegs-
zustand des Art. 68, die Möglichkeit eines landesrechtlichen
Ausnahmezustandes, so fragt sich, ob der Reichskriegs-
zustand nur vom Kaiser selbst angeordnet oder auch dele-
giert werden kann. Das wird von Arndt, StH.
S. 477, mit den Worten bejaht: „Daß, wenn der Kaiser
fern auf dem Kriegsschauplatz oder auf hoher See sich be-
indet oder wenn es sich um eine deutsche vom Feinde be-
lagerte oder besetzte Festung handelt, deshalb die Ver-
teidigung des Vaterlandes versäumt werden, und die Ver-
hängung des Kriegszustandes unterbleiben soll, haben
weder die verbündeten Regierungen noch besonders die
Krone Preußens noch endlich die Reichsverfassung ge-
wollt.“ Und er bringt ferner zur Erläuterung dieses
Satzes ein Beispiel, das im Hinblick auf die Lage der
Dinge kurz vor Ausbruch des Weltkrieges besonderes
Interesse verdient: „Gesetzt, daß zu einer Zeit, wo der
Kaiser in entfernten Meeren weilt, Rußland Deutschland
mit Krieg überfällt, so kann kein Zweifel darüber bestehen,
daß die kommandierenden Generale in den Grenzprovinzen
alsbald den Belagerungszustand erklären dürfen.“ (Ahn-
lich wie Arndt (auch Kommentar S. 318) Dambitsch
S. 617, auch Thudichum S. 293.) Die Deduktionen
Arndtsz sind nicht durchschlagend. Zu ihrer Ver-