Full text: König Albert von Sachsen. Ein Lebensbild.

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getroffen und mit ihm über Unterbringung und Verpflegung 
der sächsischen Truppen an der Iser und über die nächsten 
Operationen sich besprochen hatte. Merkwürdigerweise exi- 
stierte im österreichischen Lager kein fester Feldzugsplan. — 
Am selben 24. Juni erreichte den Kronprinzen der 
telegraphische Befehl, daß er auch den Oberbefehl über das 
I österreichische Korps und die 1. leichte Kavalleriedivision 
zu übernehmen habe; ersteres stand nördlich der eben von 
den sächsischen Truppen eingenommenen Stellung bei München- 
grätz und letztere war etwas weiter nach Norden gegen 
Reichenberg vorgeschoben. Diese sämtlichen Truppen sollten 
der unter dem Prinzen Friedrich Karl aus der Lausitz heran- 
ziehenden I. preußischen Armee, die 93.000 Mann zählte, 
den Weg sperren, zählten aber nur rund 52 000 Mann 
mit 7 700 Pferden und 162 Geschützen. Es kamen infolge 
dieser Erweiterung des Kommandos schwere Tage der Arbeit, 
Aufregung, Verantwortung für den Kronprinzen, der sich 
jedoch zu jeder Stunde des Tages und der Nacht den Ver- 
hältnissen gewachsen zeigte. Freilich war er bei seinen Maß- 
nahmen durch die allzuhäufigen Bestimmungen des öster- 
reichischen Hauptquartiers an eigenen Entschlüssen oft ge- 
hindert; dazu waren Benedeks Depeschen mitunter unklar und 
hinkten den Ereignissen nach. Die Iserlinie ließ sich gegen- 
über der andringenden Übermacht nicht halten; man mußte 
sich in der Richtung auf das Gros der Armee nach Süd- 
osten zurückziehen. Die Stadt Gitschin mußte aber jedenfalls 
solange gehalten werden, bis die Nordarmee Benedeks heran- 
gekommen war und man der Übermacht des Feindes die Wage 
halten konnte. In der Uberzeugung von der Notwendigkeit, 
Gitschin zu halten, wurde er noch durch eine ihm in diesem Platze 
am 29. Juni nachmittags 2 Uhr übergebene Depesche bestärkt, in 
der der Feldzeugmeister die Ankunft des III. Armeekorps noch für 
den 29., das Nachrücken des Gros für den 30. ankündigte. 
Es war freilich sonderbar, daß diese Depesche, vom 27. Juni 
datiert, erst am 28. Abends 6 Uhr von Josephstadt ab- 
geschick und nun glücklich nach 19 Stunden in dem nur 
5 Meilen entfernten Gitschin an ihre Adresse gelangt war. 
Aber lange darüber Erhebungen anzustellen oder nachzudenken 
war keine Zeit, denn der Feind stand schon in unmittelbarer
	        
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