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stellung dieses Kampfes am 29. Juni früh 1 Uhr aus-
gefertigt und schon am Nachmittag des 29. expediert worden;
sie hatte also im Unterschiede von jener ersten langsameren
Depesche, nur 18 Stunden gebraucht, um an ihre Adresse
zu gelangen. Dieser schneidige Nachrichtendienst kostete den
braven sächsischen Truppen, die seit Teplitz keinen Rasttag
mehr gehabt hatten und bei glühender Temperatur schon
24 Stunden auf den Beinen waren, nicht nur einen Teil
ihrer wohlverdienten Nachtruhe, sondern überhaupt die Aus-
sicht auf irgend welche Rast in den nächsten Tagen, ab-
gesehen von den schweren Verlusten, die doch die Über-
legenheit des Zündnadelgewehres über das Lorenzgewehr
bewiesen hatten. Und nun stand dem kommandierenden
General auch noch die schwere Aufgabe bevor, das Gefecht
in dem Augenblicke abbrechen zu müssen, wo es soeben
zum Stehen gekommen war. Dabei die Erbitterung im
Herzen, einen solchen blutigen Kampf unter ganz aussichts-
losen Bedingungen und ganz nutzlos unternommen haben
zu müssen! — ½8 Uhr, nach kurz Beratung mit dem
Grafen Clam erteilte der Kronprinz den Befehl zum Ab-
bruch des Gefechts; die Dunkelheit brach allmählich herein,
auch der Feind schien zunächst erschöpft und machte keinen
neuen Vorstoß; überdies deckte die noch frische Leibbrigade
den in geordneter Weise angetretenen Rückzug. Es kam aber
noch zwischen ihr und der Avantgarde der preußischen
Division von Werder in Gitschin zu einem nächtlichen Ge-
fecht, durch das die Preußen aus der Stadt geworfen
wurden. Doch räumte General von Stieglitz Gitschin, als
ihm ein Umgehungsmanöver der Division des Generals von
Tümpling rechtzeitig gemeldet wurde. Der Kronprinz war
bis nach 10 Uhr hinter Gitschin verblieben; er brachte dann
die Nacht bei der 1. Infanteriedivision in dem etwa 6 Kilo-
meter südlich von Gitschin gelegenen Dorfe Gitschinowes zu,
während die unverfolgt aus Gitschin abgezogene Leibbrigade
in dem östlich von dem obengenannten Dorfe gelegenen
Militschowes Unterkunft fand. König Johann war am selben
Abend nach Miletin weitergereist. Er begab sich von da
über Pardubitz nach Wien, wo er am 4. Juli früh an-
langte.