Metadata: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

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Städtewesen. Rat. Zünfte. 
Dem Rittertume stand also, wie oben ausgeführt wurde, das 
erstarkende Bürgertum der Städte gegenüber. Dem wirtschaftlichen 
Aufschwung folgte der politische, wie umgekehrt sich mit dem politischen 
Niedergange der Ritterschaft der wirtschaftliche verband. Auch in dieser 
Entwickelung ging Thüringen den meißnischen Landen voran. Keine 
Stadt war da wohl mit Erfurt zu vergleichen, das schon zur Zeit 
des großen Karl eine Rolle gespielt hatte, und dem durch seine 
enge Verbindung mit Mainz alle die neuen Kulturkeime, die das 
gesegnete Rheinland erzeugte, aus erster Hand zukamen. Ost hielten 
da die Landgrafen Hof, oft kam der Kaiser hin, um seinen Reichs- 
tag abzuhalten. Des dadurch und durch die günstige Lage Erfurts 
gesteigerten Handels willen kamen aus dem Norden des Reiches 
Niederländer und Friesländer, von welch letzteren die Bereitung der 
groben Tuche, der Friese, betrieben wurde. Von jenen aber stammte 
die Kenntnis, sumpfiges Land zu entwässern und umgedreht Beriese- 
lung dorthin zu bringen, wo das Land zu trocken war. Es war ein 
schwerer Schaden für die widerspenstige Stadt, als ihr Friedrich der 
Freidige cinen Teil ihrer kunstvoll angelegten Wasserleitung zerstörte. 
Mit diesen Bewässerungsanlagen verknüpft sich der schon weit ins 
Mittelalter hinauf reichende Gartenbau der Stadt, der ihr bis auf den 
heutigen Tag eine europäische Berühmtheit immer neu erwirbt. Ein 
deutliches Zeichen für den zunehmenden Wohlstand der Stadt sind 
die gerade in Erfurt häufig vorkommenden Juden, die Vertreter 
des beweglichen Kapitals im Mittelalter, die bei der großen Ver- 
schiedenheit der Münzen und bei dem jährlich zu Jakobi stattfindenden 
Wechsel der alten gegen die neue Münze viel zu thun hatten; wie 
sehr Albrecht der Entartete ihnen verpflichtet war, ist früher erzählt 
worden. Natürlich richtete sich gegen sie von Zeit zu Zeit die Wut 
eines ausgebeuteten Volkes, oder auch nur fanatischer, durch Zufällig- 
keiten entflammter Glaubenshaß, letzteres namentlich im Zeitalter der 
Kreuzzüge. Erfurt sah 1221 eine furchtbare Verfolgung der Israeliten. 
Von dem Reichtume der Stadt zeugen ferner die stattlichen Kirchen- 
bauten, die aber ihrerseits nicht auf den unbedingt kirchlichen Sinn 
der Erfurter einen Rückschluß ziehen lassen. Denn ebenso wie sie sich
	        
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