Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

Kirchliche Verhältnisse Thüringens in der vorwettinischen Zeit. 
Es ist von der ebensowohl kirchlichen als politischen Sendung 
des heiligen Bonifatius oben die Rede gewesen. Es gehörte zu den, 
einem Germanen sonst nicht eigentümlichen Leidenschaften des aus dem 
Angellande eingewanderten Apostels Roms, daß er auf Zentralisation, 
auf Unterordnung unter einen gemeinsamen Mittelpunkt — nämlich 
Rom — hinarbeitete. Es ist merkwürdig, wie bald sich deutsche 
Intelligenzen von dem römischen Prinzip gefangen nehmen lassen, daß 
nur eine gänzlich in einer Hand vereinte Regierung, namentlich in 
Glaubensdingen, das Recht zu unbedingter Bestimmung habe. Diesen 
Stanbpunkt nahm der Angelsachse Winfried, sonst Bonifatius genannt, 
ein, als er dem römischen Bischof die anfänglich gar nicht damit ein- 
verstandenen deutschen Einzelgemeinden und Bistümer unterzuordnen 
anfing. Es wäre ihm das kaum gelungen, wenn nicht auch das 
fränkische Königshaus oder vielmehr das Hausmeiertum Karl Martells 
den nötigen Drücker darauf gesetzt hätte, weil sich zufällig damals die 
Interessen des der Königskrone zustrebenden Franken mit denen des 
der Weltherrschaft zustrebenden, vor allem zunächst Schutz vor den 
Langobarden suchenden Papstes auf das genaueste gedeckt hätten. So 
erklärt es sich, daß das von Bonifatius selbst gegründete Bistum 
Erfurt alsbald zum Sprengel des Erzbistums Mainz geschlagen wurde. 
So erlangte ein in sich durchaus geschlossener Stamm offenbar aus mit- 
wirkenden politischen Gründen nicht die ihm gebührende kirchliche Selb- 
ständigkeit, sondern es wurde dem von Bonifatius gegründeten Mainzer 
Sprengel untergeordnet. Als dann in späterer Zeit das Thüringertum 
nach Südosten vorgedrungen war, reichte wieder der Würzburger 
Sprengel in das südliche Vogtland herüber, so daß auch hier von 
einheitlicher Kirchenverfassung, die doch im Mittelalter neben Heer- 
und Gerichtsbann den einzigen Halt bot, keine Rede war. Nord- 
thüringen aber gehörte nach Karls des Großen Verfügung zum Bis- 
tum Halberstadt, dessen Sprengel bis an die Unstrut reichte. Als 
dann unter den sächsischen Kaisern die Unterwerfung der Slaven jen- 
seits der Elbe vollzogen war, wurden entsprechend den vorerwähnten 
Marken auch die Bistümer Zeitz und Merseburg eingerichtet, die
	        
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