Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

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Dietrich der Bedrängte. 
Wo blieb während dieser Zeit, in der Ereignisvolles teils sich 
vorbereitete, teils schon eintrat, der eigentliche und wirkliche Erbe 
Albrechts des Stolzen, sein Bruder Dietrich von Weißenfels? Während 
der stauffischen Besetzung seiner Erblande hatte er sich, der Übermacht 
weichend, ruhig zu Weißenfels gehalten und sich auch in Urkunden 
nur ganz bescheiden als Graf von Weißenfels, nicht als Markgraf von 
Meißen unterschrieben. Dann war er im Januar 1197 aufgebrochen, 
um gleich allen anderen, die zu Worms und Würzburg das Kreuz 
genommen hatten, nach Palästina zur Befreiung des heiligen Grabes 
zu ziehen. Ein Irrtum des Lauterberger Chronisten, der besser unter- 
richtet gewesen sein sollte, läßt Dietrich seine Kreuzfahrt schon 1196 
antreten; infolge dieses Irrtums kann der Chronist von einer neuen 
Schandthat des ihm verhaßten Kaisers Heinrich VI. berichten. Der 
stellte nämlich dem Erben Albrechts auch im gelobten Lande dermaßen 
nach, daß Dietrich sich nach vollendeter Kreuzfahrt nicht getraute, 
öffentlich ein Schiff zu besteigen, weil ihn sonst schon vorher das Mord- 
messer eines vom Kaiser gedungenen Meuchlers getroffen haben würde. 
So versteckten ihn seine Freunde in ein Faß, das aufs Schiff gerollt 
und erst dann geöffnet wurde, als man auf hoher See aller Nach- 
stellungen sich für ledig erachten konnte. 
Solcher Sage mag gedacht sein, einmal, damit nicht unnötig das 
Bild eines Kaisers, wie ihn die Deutschen seit Karl dem Großen kaum 
gehabt hatten, für die Nachwelt verzerrt wird, und ferner, damit man 
das Festhalten an der stauffischen Sache, das Dietrich auszeichnete, 
icht infolge solcher thörichten überlieferung, für unerklärlich ansieht; 
denn diese sagenhafte Geschichte erweist sich dadurch als unhaltbar, daß 
Dietrich 1196 noch Urkunden, wie schon gesagt, als Weißenfelser Graf 
ausgestellt hat, und erst auf die Kunde vom Tode Heinrichs VI. 
schleunigst seine Rückkehr aus dem Morgenlande antrat. 
Es war eine schwere Zeit inneren Zwistes, zu der Dietrich 
heimkehrte. Man hat ihn den „Bedrängten“ zubenannt. Seine Be- 
fehdung durch den launenhaften und herrschsüchtigen Bruder hat wohl 
zu dem Beiworte Afflictus den ersten Anlaß gegeben, das sich in den 
Chroniken jener Zeit findet; durch die letzten Lebensschicksale dieses
	        
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