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das schon 1204 dem mächtigen Angriffe Philipps und seiner Ver-
bündeten erfolgreichen Widerstand geleistet und auch in letzter Zeit
durch den Landgrafen noch besonders befestigt und verprovian-
tiert worden war. Diesmal schien die Kraft der Belagerten doch
endlich zu ermatten und sie begannen unter Dietrichs von Meißen
Vermittelung Verhandlungen mit dem Kaiser, infolge deren sie die
Stadt räumten und bis auf weitere Entscheidung nur noch die Burg
besetzt hielten. Hier aber mahnte sie der Landgraf aufs dringlichste
zum Aushalten, da Hilfe nahe sei.
Und sie kam rascher, als er selbst es gedacht hatte. Er
hatte auf die Ankunft des Stauffen Friedrich II. gerechnet, der schon
im Mai 1212 nach Genua gekommen war und von dessen bevor-
stehendem Anrücken auch Otto im Juli Kunde erhalten hatte, ohne
darauf sonderliches Gewicht zu legen. Es traf ihn aber ein Unglück,
das nicht vorherzusehen war. Otto hatte sich, ehe er nach Italien
zog, mit Beatrix, der nachgelassenen, damals erst 13jährigen Tochter
Philipps, verlobt, um so ein Anrecht auf das stauffische Hausgut und
die Dienstleistung der schwäbischen Ministerialen der Stauffer zu ge-
winnen. Auf die Nachricht von der Landung Friedrichs II. in Gen#a
verheiratete er sich am 22. Juli 1212 mit der im sechzehnten Lebens-
jahre stehenden, um seine Stellung entsprechend der neuen Bedrohung
noch besser zu befestigen. Aber schon nach drei Wochen war das Band
wieder zerrissen. Am 11. August 1212 erfolgte ganz plötzlich der
Tod der jungen Frau, ohne daß man eine Erklärung für das uner-
wartete Ereignis gehabt hätte; spätere Erfindung giebt den italienischen
Konkubinen Ottos die Schuld, die jugendliche Fürstin vergeben zu
haben. Für Otto bedeutete ihr Tod den Niedergang seines Sterns,
der noch eben dicht vor dem Zenith zu stehen schien. Heimlich ver-
ließen bei Nacht und mit Preisgabe ihres Gepäcks nach dem Tode
der Erbherrin die Schwaben das Lager des von ihnen nie geliebten
Sachsen, die Bayern folgten, und so thaten andere, die sich von der
Fortsetzung des Krieges keinen persönlichen Vorteil erhofften. Ottos
Streitkräfte schmolzen so zusammen, daß er eben, als er glauben durfte,
die Belagerung zu einem sieghaften Abschluß gebracht zu haben, sie
aufgeben mußte. Die gestorbene Gemahlin bestattete er vor dem
Chore der Blasiuskirche zu Braunschweig; dann ging er nach Erfurt