— 311 —
Die Aufgabe dieser österreichischen Ansprüche wurde ihm erleichtert
durch die Aussicht auf ein in größerer Nähe gelegenes Gebiet. Am
17. Februar 1247 starb der Landgraf Heinrich Raspe, den man noch
im Jahre vorher erst zum Gegenkönig erhoben hatte; schließlich hatte
ihn auch der Markgraf von Meißen anerkannt, lweil die örtlichen
Verhältnisse ihn dazu zwangen. Der Tod Raspes hatte seine beson-
dere Bedeutung für Heinrich von Meißen. Als im Jahre 1242 im
Januar der Landgraf Hermann, Ludwigs IV. einziger nachgelassener
Sohn, ohne Leibeserben starb, hatte Kaiser Friedrich II. auf Vor-
schlag Heinrich Raspes selbst seine Zustimmung zu einer Eventual-
belehnung Heinrichs von Meißen gegeben, d. h. falls auch Raspe
erbenlos sterben würde, sollten Thüringen, die Pfalzgrafschaft Sachsen
und alle Reichslehen an den Meißner fallen. Dieser Fall trat also
mit dem 17. Februar 1247 ein und Heinrich säumte nicht, von seinem
Rechte Gebrauch zu machen: er besetzte sofort Ekkardsberge und
Weißensee. Aber so ohne Schwierigkeiten sollte er nicht in den Besitz
des schönen Landes kommen, für das sich eine ganze Reihe von Lieb-
habern fand, ungeachtet die zahlreichen Herren, denen überhaupt an
einem gemeinsamen Oberhaupte nichts gelegen war. Nach unserer
Rechtsanschauung, wie sie sich nach den oft erwähnten ähnlichen Vor-
gängen für jene Zeit gebildet haben dürfte, gebührte dem Kaiser
Thüringen als heimgefallenes Lehen; nur daß Friedrich II. damals
gar nicht in der Lage war, irgend noch über deutsche Verhältnisse
verfügen zu können und auch sein Sohn Konrad, der als gewählter
König — die Wahl war schon 1237 zu Wien an dem damals 9jäh-
rigen erfolgt — erschien nicht auf dem Plan, um die keiserlichen
Rechte zu wahren. Aber man konnte auf den kaiserlichen Willensakt
der Eventualbelehnung von 1242 zurückgreifen. Doch der Kaiser lag
im Bann und seine Anordnungen waren deshalb nach der konfusen
Anschauung jener Zeit für den Nichtwollenden nicht rechtsverbindlich.
Es wird darum später auch in einer vorläufig Heinrichs Herrschaft
in Thüringen anerkennenden Urkunde vom Jahre 1249 auf jene
Eventualbelehnung mit keinem Worte Rücksicht genommen. Somit
traten nun auch andere mit ihren Erbansprüchen hervor. Zunächst
eine Tochter des Landgrafen Ludwigs IV., Sophia, Gemahlin des
Herzogs Heinrich von Brabant; sie war als Tochter der heiligen