— 323 —
überliefert, daß Albrecht aus seinem intimsten Verkehr mit Kunigunde
kein Hehl machte und auch ihren Kindern von ihm eine die legitimen
Mitglieder des Hauses beunruhigende Fürsorge entgegenbrachte. Dazu
kam die Überlegung, daß die Abstammung der rechtmäßigen Gattin
aus dem dem Papsttume so verhaßten Stauffengeschlecht, an dessen
Verworfenheit, nach päpstlicher Diktion zu reden, nicht nur der Tod-
feind Friedrichs II., Innocenz IV., sondern auch noch 1256 eine Bulle
Alexanders IV. die Geistlichkeit der wettinischen Lande erinnert hatte,
immerhin eine politische Handhabe gegen ihn bot, vor allem aber
wohl als Scheidungsmiktel benutzt werden konnte. Doch scheinen
immerhin die persönlichen Verhältnisse mehr den Ausschlag gegeben
und zu einer unwürdigen Behandlung der Gemahlin geführt zu haben
Viel spätere überlieferung erst weiß in ausschmückender und innerlich
umwahrscheinlicher Weise von einem durch Albrecht selbst angestifteten
Mordanschlag auf das Leben der Landgräfin zu berichten, der danr
den letzten Akt der Tragödie herbeigeführt habe. Thatsache ist es,
daß die geängstete und im Innersten aufs Tiefste verletzte Frau in
der Johannisnacht des Jahres 1270 auf einer Strickleiter aus der
Wartburg entwich. Schwer genug ward ihr der Abschied von ihren
drei Knaben; ebenfalls spätere Überlieferung läßt sie ihrem Schmerze
dadurch Ausdruck geben, daß sie den zweiten Sohn Friedrich (geb.
1257) in die Wange biß mit den Worten: „Ich will sie zeichnen,
daß sie an dies Scheiden denken, solange sie leben.“ Daher leitet
sich der auch erst späterhin aufkommende Name Friedrich der Ge-
bissene. Zu Fuß wanderte die unglückliche Mutter und Gattin, nur
von zwei Getrenen begleitet, bis Creienburg im Hessischen; da holte
sie ein Beamter des Klosters Hersfeld ab und brachte sie nach
Fulda, wo der dortige Abt Berthold II. weiter für ihr Fortkommen
sorgte. Dieser gab ihr ehrenvolles Geleit nach Frankfurt am Main und
dort nahmen sie die Bürger in dankbarer Erinnerung an ihren großen
Vater Friedrich II. mit auszeichnenden Ehren auf. Aber die furcht-
baren Aufregungen der letzten Monate und Wochen hatten ihre Kräfte
untergraben. Sechs Wochen nach ihrer Flucht starb sie in Frankfurt
im August 1270, das tragische Geschick ihres Geschlechtes teilend.
Wie viele des Hauses waren ihr schon vorangegangen! König Enzio,
in der Gefangenschaft der Bürger von Bologna schmachtend, folgte ihr
21“