Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

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nicht nur eine liebende, sondern auch eine fromme Frau, und beide 
Ehegatten weihten die zu erwartende Gabe des Himmels im voraus 
zu klösterlichem Leben. — Dann ging der Landgraf an die Vorbe- 
reitungen zu seiner Fahrt, und zwar rüstete er für sich und die Seinen 
aus eigener Tasche, um dem durch die schon erwähnte Hungersnot 
heimgesuchten Lande nicht beschwerlich zu fallen; fünftausend Mark 
Silbers, die ihm Kaiser Friedrich gegeben, waren eine immerhin statt- 
liche Beihilfe. Als er vor dem Landtage seines Fürstentums den Vasallen 
und Beamten die Mitteilung machte, daß er mit dem Kaiser nach dem 
heiligen Lande fahren wolle, und sie dabei zu Friedfertigkeit und 
liebevollem Beisammenleben aufforderte, da bemächtigte sich aller An- 
wesenden tiefe Bestürzung und des Wehklagens wollte in der Ver- 
sammlung und im ganzen Lande kein Ende nehmen. Ganz wohl kann 
man aus solcher Nachricht, die uns im Leben Ludwigs des Heiligen 
sein Kaplan Berthold giebt, die vernünftige Ahnung des Volkes her- 
aushören, daß ein Fürst wie Ludwig daheim in der Sorge für sein 
ihn liebendes Volk und für sein Haus dem Herrn einen besseren Dienst 
habe erweisen können, als in dem Kampfe gegen die Ungläubigen. — 
Noch einmal durchzog der Landgraf sein gesamtes Gebiet, um Ab- 
schied zu nehmen; namentlich zu Reinhardsbrunn, wo er selbst die 
Schulkinder begrüßte, gestaltete sich das Lebewohl sehr herzlich; er 
empfahl sich den Mönchen zu ständiger Fürbitte und beschenkte sie 
reichlich. — In Schmalkalden nahm er Abschied von seinen nächsten 
Angehörigen; er wurde ihm schwer genug gemacht durch die vielen 
aufrichtigen Beweise der Liebe und Zärtlichkeit. Dann aber riß er 
sich los, nachdem er noch seinem nächstältesten Bruder das Wohl des 
Landes im allgemeinen und im einzelnen ans Herz gelegt hatte, um 
von dannen zu reiten. Nur Elisabeth, von schlimmer Ahnung ge- 
peinigt, konnte sich auch jetzt noch nicht von ihm trennen. Zwei Tage- 
reisen weit begleitete sie ihn, bis der getreue Schenk Rudolf von 
LVargula sie zu bedeuten wußte, daß es nun Zeit sei umzukehren. So 
zogen beide von einander, um sich nicht wiederzusehen, am Johannis= 
tage 1227. 
Zahlreich war die Schar der Begleiter; die Grafen von Wart- 
berg, Brandenberg, Mühlburg und Stolberg, die Edlen von Heldrungen, 
Berlstedt, Bilzingsleben, Treffurt u. a., die wichtigeren Hofbeamten des
	        
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