Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

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Auch darin war er von seinem Vater verschieden, daß er die 
Freuden eines reinen, in sich gefesteten Familienlebens einem prunken- 
den Auftreten nach außen durchaus vorzog. Mehrfach wird auch in 
dieser locker lebenden Zeit seiner Keuschheit rühmend Erwähnung ge- 
than. Auf der sonst so lauten und lustigen Wartburg war ein ernster 
und schier klösterlicher Ton eingezogen. An Stelle der fahrenden 
Sänger und hochgemuten Ritter traten heischende Bettler und armes, 
sieches Volk, das da Hilfe erwartete und fand. Das war vor- 
nehmlich die Folge von Ludwigs frühzeitiger Vermählung mit Elisabeth, 
der die Kirche und liebende Erinnerung eines mit Wohlthaten über- 
schütteten Volkes ebenfalls den Beinamen der Heiligen gegeben hat. 
Schon mit elf Jahren, also um 1211, war er mit der vierjährigen 
Tochter des Königs Andreas II. von Ungarn verlobt worden, die, 
wie schon früher darauf verwiesen worden ist, eine Urenkelin des 
Wettiners Dedo des Feisten von Rochlitz war. Sie war schon früh 
ein ernstes, nachdenkliches und in sich gekehrtes Mädchen, noch ernster 
geworden dadurch, daß 1213 ihre Mutter durch einen ungarischen 
Magnaten ermordet worden war. Diese hatte nämlich die ehebrecherische 
Liebe ihres Bruders zur Gattin dieses Magnaten begünstigt und der 
beleidigte Ehegatte hatte dann, mit anderen verschworen, Rache an ihr 
geübt. So paßte Elisabeth wenig an den lustigen Hof Hermanns 
auf der Wartburg, wohin sie noch als Mädchen durch eine glänzende 
Gesandtschaft geleitet worden war, und die meisten Leute dort fanden 
dasselbe; auch ihre zukünftige Schwiegermutter, Sophia, hatte wenig 
Gefallen an dem stillen, frühreifen Mädchen. Um so mehr aber ihr 
Sohn Ludwig, der allen Einflüsterungen und Versuchungen widerstand 
und die Geliebte 1221 als seine Gattin heimführte. Er verstand ihr 
Wesen in feinsinniger Art und brachte ihrem mehr als wohl immer 
für die häusliche Freude dienlichen Hang zur Askese freundliche 
Schonung entgegen. Oft ließ sie sich an Ludwigs Seite durch eine 
ihrer Frauen nachts zum Gebete wecken. Sie widmete sich dem Dienste 
der ekelhaftesten Kranken, baute am Fuße der Wartburg ein großes 
Hospital für Leidende und Elende und speiste während der in Ab- 
wesenheit Ludwigs 1226 ausgebrochenen Hungersnot, die noch bis in 
das Jahr 1227 andauerte, täglich mehrere Hunderte von Hilfsbedürf- 
tigen. In diese Zeit könnte man wohl jene köstliche Sage von den
	        
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