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in Rosen verwandelten Broten hineinbringen, wenn es eben nicht eine
Sage und noch dazu, trotz allen poetischen Duftes, eine nicht zu
Ludwigs Charakter passende Sage wäre. Denn denen, die ihn war-
nend auf die allzu große Freigebigkeit seiner Gattin hinwiesen, soll er
nach der Versicherung Bertholds geantwortet haben: „Laßt sie nur
wohl thun und um Gottes Willen geben, was wir haben; bewahrt
mir nur die Wartburg und die Neuenburg!“
Ein solches tief und schwärmerisch angelegtes Frauengemüt hätte
nun vor anderen durch aufheiternden und tröstenden Zuspruch eines
herzenskundigen und welterfahrenen Geistlichen im Gleichgewicht er-
halten werden müssen. Da aber führte das Schicksal in ihre Kreise
einen finsteren Fanatiker, einen jener maßlosen, leidenschaftlichen Ab-
töter des Fleisches, die nur in strengster Askese und bis zur Sinn-
losigkeit sich steigernden Bußübungen für das Heil ihrer Seele und
anderer wirken zu können meinten. Es war das Konrad von
Marburg, den Tertianern des von dem heil. Franziskus ( 1224)
um 1209 gegründeten und nach ihm benannten Ordens angehörig,
d. h. denjenigen Brüdern, die durch Beibehaltung eigenen Besitztumes,
wohl sogar der Ehe und ihres Standes, doch sich dem Orden an-
schlossen und möglichst nach seiner entsagungsvollen Regel lebten.
Seiner Abkunft nach scheint Konrad einem vornehmen hessischen Ritter-
geschlechte angehört zu haben. Im Jahre 1214 war er vom Papst
Innocenz III. nach Deutschland gesandt worden als magister haereti-
corum, b. h. als Ketzermeister, oder, wie wir jetzt sagen würden, als
Ketzerriecher. Namentlich in Südfrankreich hatte man seit 1209 an-
gefangen, gegen die Albigenser oder Waldenser, deren Lehren von
denen der Kirche abwichen, förmliche Kreuzzüge in Szene zu setzen
Aber auch anderweitig besann sich der immer mehr erstarrenden Lehre
der Kirche gegenüber der menschliche Geist auf sein Recht zu selbst-
ständigem Denken, und nun bemühte sich weltliche und geistliche Ge-
setgebung um die Wette, das überhandnehmende Übel mit Stump
und Stiel auszurotten. Zu solchem Zwecke kam Konrad von Marburg
nach Deutschland, und man hatte in ihm den Rechten gefunden.
Allenthalben begannen die Scheiterhaufen zu rauchen, um zahlreiche
Opfer in gräßlichem Tode zu vernichten. Als er aber 1233 seine
Hand auch an einen Grafen Solms und einen Grafen von Sayn
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