— 463 —
solger Gebiet erstreckte sich von der Werra bis zum Harze, den Leine-
gau, das alte Besitztum der Winzenburger eingeschlossen, und von der
Hennebergischen Grenze bis an die Saale und Unstrut. Dazu kamen
die Gudensbergischen Gebiete in Hessen und die Burgen am Rhein,
Bilstein, Wied, Windeck und die Stadt Braubach, und endlich Be-
sitzungen an der Lahn. Diese letzteren Gebiete fielen teils an das
Erzstift Köln durch Kauf und Vertrag, teils durch Heirat an die
Grafen von Sayn. Daß die Ludowinge ihr Land Thüringen nicht,
wie die wettinischen Nachbarn, teilten, ist schon als ein glückliches
Moment für die politische Entwickelung des Landes erwähnt worden.
Wie hätte es sich auch sonst zwischen den beiden umklammernden
Ländern der welfischen Macht halten können? Auch in Thüringen
begegnen uns dieselben landesherrlichen Vorrechte beim Landgrafen,
wie in Meißen beim Markgrafen. Sie erhoben vom Reichsgute die
Reichsbede, vom Eigengute die Landesbede, sie hatten Zoll= und
Münzrecht, führten wie die Herzöge die Landes= oder Blutfahne, um-
gaben sich mit einem Hofstaate wie die Herzöge und vor allem übten
sie selbständig den Vorsitz auf den beiden Landdingen auf dem Leine-
berge und bei Mittelhausen, nördlich von Erfurt, bei dem Dorfe
Elxleben, und zwar hier dreimal im Jahre, im Januar, zu Pfingsten
und im Herbst.
Das Landgericht.
Das Landgericht zu Mittelhausen wurde, wie die markgräf-
lichen Landgerichte zu Collmen und zu Schkölen, nach Vätersitte unter
freiem Himmel abgehalten. Wer in der Nähe des obengenannten
Dorses Elxleben Besitzer von zwei Hufen war, hatte für die Erbau-
ung der Gerichtstribüne zu sorgen und das Erfurter Peterskloster
mußte die Kissen und Teppiche für die Sitze der Richter liefern.
Diese Bühne wurde mit Brettern dergestalt umgeben, daß man die zu
Gericht Sitzenden bis an die Schultern sehen konnte. An dem gegen
Morgen liegenden und mit einem Schlagbaume versehenen Eingange
wurde bewaffnete Mannschaft aufgestellt, um etwa zu Thätlichkeiten
übergehende Parteien im Zaume zu halten. Den Anblick, den dies
Landding gewährte, schildert die Legenda Bonifacü folgendermaßen:
„Nach Aufstellung und Ausschmückung des Tribunals tritt der Land-