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erhaltenen Lanzenstoßes der Markgraf Johann von Brandenburg. Als
weiteres Nachspiel dieses Turniers, wenn freilich dieses nur mittelbar
daran die Schuld hatte, ertrank der angesehene Burggraf Dietrich
von Kirchberg (bei Jena) mit seinen Begleitern beim Durchreiten der
Saale.
Der Schild spielte bei solchem Turnier und überhaupt im Leben
des Ritters im weitesten Sinne dieses Wortes eine große Rolle. Im
weitesten Sinne deswegen, weil das Rittertum in seiner idealen Aus-
gestaltung alle Leute umfaßte, die durch die Schwertleite und des Schildes
Amt in die große Zunft der Ritterbürtigen ausgenommen waren. Der
Schild diente zunächst als Schutzwaffe, dann aber auch als Erkennungs-
zeichen. Als Schutzwaffe im Turniere und im ernsten Kampfe benutzt,
mußte er möglichst leicht und doch auch gegen Hieb und Stoß mög-
lichst widerstandsfähig sein. Man meinte dies durch eine Konstruktion
Zu nebenstehendem Bilde.
Von der Pracht der Turnierausstattung giebt uns einen Begriff die Dar-
stellung in der Manesseschen Minnesinger-Handschrift, welche den Herzog Heinrich I/V.
von Breslau (1266—1290) zum Gegenstand hat, wie er nach dem Siege im Turnier
den Dank von Frauenhand — ein goldenes Kränzlein — entgegennimmt. — Der
Herzog, als Jüngling, ohne Bart, blondlockig, baarhaupt, sonst in voller ritterlicher
Rüstung, Hals, Arme und Beine im Ringpanzer, auf apfelgrauem Rosse, dessen
gelbgefütterte Decke, bis auf die Füße und über den Kopf und die Ohren bis ans
Gebiß, aus abwechselnd goldenen und grünen Rauten besteht, in jeder grünen Raute
ein großer silberner Buchstabe von AMOR und in jeder goldenen Raute ein ge-
spreizter schwarzer Adler mit silberner Mondsichel über Brust und Flügel: der noch
als Wappen dienende schlesische Adler. Golden mit solchem Adler ist auch das
Fürbüge am schwarzen Sattel, der vorn ein rotes Lenden= und Kniepolster hat.
Steigriemen mit goldenem Bügel und Zaum am goldenen Gebiß sind auch rot,
sowie die Sporen. Den roten Zaum faßt die Linke mit Panzerhandschuh. Den
Panzer bedeckt meist ein ebenso mit Pelz gefütterter und mit solchen Rauten ab-
wechselnder Wappenrock, wie die Roßdecke. An der linken Schulter trägt der Herzog
den Goldschild mit gleichem schwarzen Adler, wie die vorigen, nur größer und an
jeder Spitze des Silbermondes eine rote Schleife. Die Rechte ist emporgehoben
umd faßt mit der bloßen, aus dem herabhängenden Panzerhandschuh gezogenen Hand,
den grünen, mit sieben vierblättrigen roten Blumen geschmückten Kranz, welchen
ein Fräulein von einer veilchenfarbenen Zinne ihm herabreicht. Sie trägt ein einfaches
grünes Gewand mit goldenem Halssaum und auf langen blonden Locken einen
silbernen Kranz, vorn mit vier vierblättrigen roten Blumen. — Die ihr zur Rechten
stehende Frau trägt ein einfaches veilchenfarbenes Kleid und elnen roten, weiß
gestreisten Hut. Die beiden Frauen zur Linken haben dagegen auch lange blonde
Locken mit Kränzen. Die nächste trägt einen zackigen Silberkranz, darunter ein