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Städtewesen. Rat. Zünfte.
Dem Rittertume stand also, wie oben ausgeführt wurde, das
erstarkende Bürgertum der Städte gegenüber. Dem wirtschaftlichen
Aufschwung folgte der politische, wie umgekehrt sich mit dem politischen
Niedergange der Ritterschaft der wirtschaftliche verband. Auch in dieser
Entwickelung ging Thüringen den meißnischen Landen voran. Keine
Stadt war da wohl mit Erfurt zu vergleichen, das schon zur Zeit
des großen Karl eine Rolle gespielt hatte, und dem durch seine
enge Verbindung mit Mainz alle die neuen Kulturkeime, die das
gesegnete Rheinland erzeugte, aus erster Hand zukamen. Ost hielten
da die Landgrafen Hof, oft kam der Kaiser hin, um seinen Reichs-
tag abzuhalten. Des dadurch und durch die günstige Lage Erfurts
gesteigerten Handels willen kamen aus dem Norden des Reiches
Niederländer und Friesländer, von welch letzteren die Bereitung der
groben Tuche, der Friese, betrieben wurde. Von jenen aber stammte
die Kenntnis, sumpfiges Land zu entwässern und umgedreht Beriese-
lung dorthin zu bringen, wo das Land zu trocken war. Es war ein
schwerer Schaden für die widerspenstige Stadt, als ihr Friedrich der
Freidige cinen Teil ihrer kunstvoll angelegten Wasserleitung zerstörte.
Mit diesen Bewässerungsanlagen verknüpft sich der schon weit ins
Mittelalter hinauf reichende Gartenbau der Stadt, der ihr bis auf den
heutigen Tag eine europäische Berühmtheit immer neu erwirbt. Ein
deutliches Zeichen für den zunehmenden Wohlstand der Stadt sind
die gerade in Erfurt häufig vorkommenden Juden, die Vertreter
des beweglichen Kapitals im Mittelalter, die bei der großen Ver-
schiedenheit der Münzen und bei dem jährlich zu Jakobi stattfindenden
Wechsel der alten gegen die neue Münze viel zu thun hatten; wie
sehr Albrecht der Entartete ihnen verpflichtet war, ist früher erzählt
worden. Natürlich richtete sich gegen sie von Zeit zu Zeit die Wut
eines ausgebeuteten Volkes, oder auch nur fanatischer, durch Zufällig-
keiten entflammter Glaubenshaß, letzteres namentlich im Zeitalter der
Kreuzzüge. Erfurt sah 1221 eine furchtbare Verfolgung der Israeliten.
Von dem Reichtume der Stadt zeugen ferner die stattlichen Kirchen-
bauten, die aber ihrerseits nicht auf den unbedingt kirchlichen Sinn
der Erfurter einen Rückschluß ziehen lassen. Denn ebenso wie sie sich