Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

— 42 — 
zu vernichten, so daß er die Feinde mehr durch den Hunger als durch 
die Schärfe des Schwertes bezwang. Aber auch in Thüringen und 
dem östlichen Franken herrschte damals Hungersnot in einem Grade, 
der uns heute bei unseren Verkehrsverhältnissen wohl nie bekannt 
werden dürste. Nach dem reichen Kloster Fulda kamen meilenweit 
die armen Hungrigen. Von einer Frau weiß der Fuldaer Annalist zu 
erzählen, die gerade noch die Schwelle des gastlichen Klosters erreichte, 
um dann hungererschöpft tot zusammenzubrechen; an der Brust aber 
der Elenden saugte noch ein darbendes Kind. Auch von einem Manne 
erzählt er, der mit Weib und Kind aus dem Grabfeld, dem großen 
Gau östlich von Fulda zwischen dem Thüringerwald und dem Ober- 
main auswanderte, um in Thüringen sein Brot zu suchen, unterwegs 
aber, vom Hunger bis zum Wahnsinn geplagt, den Entschluß faßte, 
das Kind zu töten und aufzuessen; als er es aber abseits führte, ge- 
wahrte er zwei Wölfe, die an einem von ihnen erlegten Hirsch nagten; 
die vertrieb er mit demselben Schwerte, das er gegen des Kindes 
Kehle gezückt hatte, und hatte nun für sich und Weib und Kind Speise 
in Fülle. — Teils in Person, teils durch seine Söhne, insbesondere 
den jüngeren Ludwig, setzte der Kaiser in den Jahren 856, 857, 858, 
869, 872 die Kämpfe gegen die Slaven fort und man erkennt deut- 
lich, wie sich allgemach der deutsche Einfluß weiter nach Osten vor- 
schob. Überdies sieht man auch, daß das Slaventum in seiner Ge- 
samtheit auf die vorschreitende Gefahr aufmerksam wurde; denn nicht 
mu gegen die Sorben oder gegen die Abodriten u. a. wird gekämpft. 
sondern in Verbindung mit den Sorben erscheinen die Böhmen auf 
der Wahlstatt und mit ihnen wiederum die Mähren; der Kampf ums 
Dasein ist auf der ganzen Linie eröffnet. 
Am 1. September 873 starb Thakulf; das dankbare Gedenken 
des von ihm reichbeschenkten Fuldaschen Klosters hat unferem Wissen 
diesen Tag so genau bewahrt. Es zeugt für die Tüchtigkeit des Mannes 
und für sein Ansehen bei den Slaven, daß sofort auf die Nachricht 
seines Todes die Sorben und die zwischen Elbe und Mulde in der 
Dübener Gegend sitzenden Siusler sich wider die deutsche Herrschaft 
empörten. Aber in Radulf war Thakulf schon ein Nachfolger gesetzt 
und dieser unterdrückte in Gemeinschaft mit dem Erzbischof Luitpert 
von Mainz die Empörung im Januar 875, wiederum mehr durch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.