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Lage trotz des fruchtbaren Bodens eine gedrückte blieb. Ähnliche,
wenn auch bessere Verhältnisse walteten in Thüringen ob, wo über-
haupt die Hörigkeit sich nicht im vollen Maße ausgebildet zu haben
scheint. Die Heranziehung fremder Kolonisten, wie z. B. Wiprecht
von Groitzsch solche aus Franken, der Meißner Bischof Gerung aus
den Niederlanden herbeirief, trug dazu bei, in Meißen und im Oster-
lande auf die Hebung des Landes Einfluß zu haben; ihre begünstigte
Stellung mußte auf die übrige ländliche Bevölkerung zurückwirken.
In Thüringen drangen namentlich durch die Kulturarbeit des
Cisterzienserordens im 12. Jahrhundert (seit 1130) fremde Volks-
elemente ein, sowohl Franken vom Süden her, als auch besonders
Fläminge aus den Niederlanden. Auch die Herren von Lobdaburg,
die selber ein fränkisches Geschlecht waren, siedelten in ihrem Gebiete
Franken an. Diese Franken hatten ihr besonderes Huf= und Acker-
maß und ihre abweichende Gemeindeverfassung und standen unter
fränkischem Rechte, hatten also ebenso zu ihrem Grundherrn wie zum
Landdinge des Landgrafen ihre Sonderstellung. Nach Walkenried
brachten die dorthin zur Gründung aus dem Kloster Altencamp bei
Mörs in der Rheinprovinz verpflanzten Cisterzienser Flamänder mit,
die auf den Gütern des Klosters zu Heringen, Görsbach und Walken-
ried nachweisbar sind. Diese zogen Landsleute nach, die sich namentlich
in der goldenen Aue, im Kloster Pforta bei Kösen, einer Tochtersiebelung
von Walkenried, und bei Allstedt niederließen, wo dann auch nach
holländischen Husen und Ackern gerechnet wurde. Wie weit sich solche
Siedelungen erstreckten, erhellt daraus, daß von Pforta aus wiederum
mit flämischen Kolonisten das Kloster Klein-Leubus an der Oder
gegründet wurde. Auch die vom Bischof Udo von Naumburg 1152
in der Umgegend angesiedelten Holländer, die wohl zur Rodung der aus-
gedehnten von Konrad dem Großen 1133 geschenkten Waldungen berufen
worden waren, erfreuten sich großer Selbständigkeit, von der Spuren bis in
unser Jahrhundert hinein in eigenartigen Gebräuchen sich erhalten haben.
Auch die Kreuzzüge haben ebenso wie die Romfahrten das ihre zur
Hebung der bäuerlichen Bevölkerung gethan: die lange Abwesenheit des
Herrn ließ die Zügel nicht so straff anspannen; der Abgang von Arbeits-
kräften, die dem Kreuzesbanner folgten, machte die zurückbleibenden wert-
voller und empfahl sie besserer Behandlung. lbberdies hatte doch schon im