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Orten selbst. — Aus den Pfarreien bezogen die Bischöfe außer
bestimmten Abgaben von den geistlichen Lehen die Einkünfte der
vakanten Pfarrkirchen, die ersten Nutzungen von neuerteilten Pfrün-
den, die Strafgelder für begangene fleischliche Vergehen und bestimmte
Gebühren bei Investituren, bei Dispensationen, Beglaubigung von
Bullen u. a. m. Die Beerbung von Geistlichen, die kein Testament
hinterlassen hatten, das sogenannte Spolienrecht, stand anderwärts dem
weltlichen Lehnsherrn zu, in Meißen scheint es den Bischöfen gehört
zu haben. Als man seit dem 11. Jahrhundert anfing, die Besitzungen
der Kirche, des Bischofs und der geistlichen Brüder zu unterscheiden,
bildeten die Kanoniker, die ihre Benennung von dem canon, der
Matrikel der Domkirche, in die ihre Namen eingetragen wurden,
empfangen hatten, eine eigene Körperschaft, das Kapitel, zu dem un-
gefähr 14 Mitglieder gehörten. Solche Domherrenkapitel entstanden
auch bei anderen Kathedralen und traten dem Bischof etwa in ähnlicher
Weise zur Seite, wie das Kardinalskollegium dem Papste. Sie
erlangten bald eine sehr hohe politische Stellung, namentlich seit ihnen
im 13. Jahrhundert das Recht der Bischofswahl zufiel, und sie wußten
sich in dieser angesehenen Stellung besonders dadurch zu behaupten,
daß sie seit dem Ende des 13. Jahrhunderts regelmäßig unbefleckte
adelige Geburt zur Bedingung des Eintritts machten. Gegen diesen
Gebrauch eiferten dle Päpste und Synoden schon früh, ohne ihn
jedoch irgendwie beseitigen zu können. Auch nach einer anderen
Richtung verursachten die Domherren bei strenger Denkenden Argernis;
sie wohnten nicht mehr gemeinsam im Münster (monssterium), sondern
bezogen Privatwohnungen, wo sie jeder Disziplin und Aufsicht ent-
rückt waren. Der heilige Bernhard von Clairvaux (k 1153) und der
Gründer des Prämonstratenserordens, Norbert von Kanten (7 1134).
eiferten gegen diese freiwohnenden Kanoniker mit allen Kräften und
an einigen Domkirchen wurde dann auch entweder nach Augustiner=
oder Prämonstratenserregel ein gemeinsames Leben eingeführt, wodurch
der Begriff der regulierten Chorherren entstand. Meißen wurde nicht
von der strengeren Richtung berührt. Auch hier fand sich, was ebenso
anderswo beachtet und beklagt wurde, daß sie den Chordienst durch
Vikare bestellen ließen; nicht einmal um die Seelsorge kümmerten sie
sich; das besorgten die Mönche des Afraklosters. Die Einkünfte der