Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

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Orten selbst. — Aus den Pfarreien bezogen die Bischöfe außer 
bestimmten Abgaben von den geistlichen Lehen die Einkünfte der 
vakanten Pfarrkirchen, die ersten Nutzungen von neuerteilten Pfrün- 
den, die Strafgelder für begangene fleischliche Vergehen und bestimmte 
Gebühren bei Investituren, bei Dispensationen, Beglaubigung von 
Bullen u. a. m. Die Beerbung von Geistlichen, die kein Testament 
hinterlassen hatten, das sogenannte Spolienrecht, stand anderwärts dem 
weltlichen Lehnsherrn zu, in Meißen scheint es den Bischöfen gehört 
zu haben. Als man seit dem 11. Jahrhundert anfing, die Besitzungen 
der Kirche, des Bischofs und der geistlichen Brüder zu unterscheiden, 
bildeten die Kanoniker, die ihre Benennung von dem canon, der 
Matrikel der Domkirche, in die ihre Namen eingetragen wurden, 
empfangen hatten, eine eigene Körperschaft, das Kapitel, zu dem un- 
gefähr 14 Mitglieder gehörten. Solche Domherrenkapitel entstanden 
auch bei anderen Kathedralen und traten dem Bischof etwa in ähnlicher 
Weise zur Seite, wie das Kardinalskollegium dem Papste. Sie 
erlangten bald eine sehr hohe politische Stellung, namentlich seit ihnen 
im 13. Jahrhundert das Recht der Bischofswahl zufiel, und sie wußten 
sich in dieser angesehenen Stellung besonders dadurch zu behaupten, 
daß sie seit dem Ende des 13. Jahrhunderts regelmäßig unbefleckte 
adelige Geburt zur Bedingung des Eintritts machten. Gegen diesen 
Gebrauch eiferten dle Päpste und Synoden schon früh, ohne ihn 
jedoch irgendwie beseitigen zu können. Auch nach einer anderen 
Richtung verursachten die Domherren bei strenger Denkenden Argernis; 
sie wohnten nicht mehr gemeinsam im Münster (monssterium), sondern 
bezogen Privatwohnungen, wo sie jeder Disziplin und Aufsicht ent- 
rückt waren. Der heilige Bernhard von Clairvaux (k 1153) und der 
Gründer des Prämonstratenserordens, Norbert von Kanten (7 1134). 
eiferten gegen diese freiwohnenden Kanoniker mit allen Kräften und 
an einigen Domkirchen wurde dann auch entweder nach Augustiner= 
oder Prämonstratenserregel ein gemeinsames Leben eingeführt, wodurch 
der Begriff der regulierten Chorherren entstand. Meißen wurde nicht 
von der strengeren Richtung berührt. Auch hier fand sich, was ebenso 
anderswo beachtet und beklagt wurde, daß sie den Chordienst durch 
Vikare bestellen ließen; nicht einmal um die Seelsorge kümmerten sie 
sich; das besorgten die Mönche des Afraklosters. Die Einkünfte der
	        
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