Die Magyaren.
Arnulf hatte sich allerdings bei seinem Kampfe gegen die Mährcu
eines Bundesgenossen bedient, der nicht bloß für jene, sondern auch
für die östlichen deutschen Marken in kurzer Zeit eine furchtbare Ge-
fahr bilden und die schrecklichen Zeiten der hunnischen und avarischen
Einfälle wieder ins Gedächtnis bringen sollte. Es war das dem ural-
altaischen (finnisch-ugrischen) Stamme angehörige Volk der Magyaren
oder Ungarn, wie die Slaven mit Einfügung eines Nasenlautes den
Namen Ugri umgestaltet hatten. Vom Ural herkommend, hatten sie sich
nomadisierend allgemach bis in die Ebene zwischen Don und Dniepr
gezogen und lebten da unter der Herrschaft der türkischen Chazaren,
von denen cine Horde, die der Kabaren, zu ihnen übertrat, als sich
die sieben Einzelhorden, in die sie bis dahin zerfallen waren, unter
einem gemeinsamen Führer Arpad vereinigt hatten. Von dem türki-
schen Stamm der Petschenegen weiter nach Westen gedrängt, drückten
sie ihrerseits auf die Bulgaren jenseits des Pruth und Sereth. Ihre
Naubzüge in deren und in andere benachbarte Länder gaben den Bul-
garen und Petschenegen, namentlich den letzteren, Veranlassung, in die
schutzlosen Dörfer der Magyaren einzufallen und, was sie in Ab-
wesenheit der streitbaren Männer an Greisen, Frauen und Kindem
vorfanden, teils hinzumorden, teils in die Gefangenschaft abzuführen.
Do beschlossen die Magyaren, ihre bisherigen Sitze zu verlassen, und
wanderten etwa 895 oder 896 über die Karpathen in das Tiefland
zwischen Theiß und Donau, um bald, wie die Hunnen, an die sie die
Zeitgenossen in ihrem ganzen Gebaren erinnerten, eine Geißel der
westlichen Länder zu werden. Im Sommer wohnten sie in Zelten
von Leder, im Winter in elenden Hütten von Lehm und Holz; ihre
Gewänder waren Tierhäute, sie schoren ihre Haare und benarbten ihr
Gesicht; sie waren, wie der gleichzeitige Chronist sagt, langsam in der
Rede, schnell in ihren Thaten, treulos in ihren Verträgen, und teilten
den gemeinsamen Vorwurf der Barbaren: zu große Unwissenheit, als
daß sie den Wert der Wahrhaftigkeit hätten einsehen können, zu viel
Stolz, um den Bruch der feierlichsten Verpflichtungen zu leugnen oder
zu beschönigen.