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Tauß zu sammeln und festzuhalten. Als die Leute aber von ferne
das Rollen der hussitischen Streitwagen und ihren Schlachtgesang
hörten, da gab es kein Haltens mehr; ohne dem Feinde Auge in Auge
gegenübergetreten zu sein, stoben sie in wahnsinniger Furcht davon,
alles mit sich fortreißend. Die Hussiten hatten nichts weiter zu thun,
als die Fliehenden niederzumetzeln, von denen 10000 gefallen sein
sollen. All ihr Geschütz, ihre Wagen, die sie nach Hussitenart zu
einer Burg benutzen wollten, die darauf mitgebrachten Vorräte, die
Pulverwagen, alles fiel in die Hände der Sieger; eine Anzahl der
letzteren zündeten die Hussiten an, damit der Donner der Explosion die
Feinde noch mehr schrecke, was auch thatsächlich die Folge war. Ge-
sangene wurden nur an 700 gemacht, da die Böhmen, wie gewöhnlich,
den Deutschen keinen Parbon gaben. Der Kardinal Cesarini, der sich,
ehe die Panik begann, mit dem Kardinal von Winchester auf eine
nahe Höhe begeben hatte, um Umschau zu halten, sah sich plötzlich
von allen Seiten verlassen; er rettete sich nur mit knapper Not, büßte
aber dabei alle Abzeichen seiner Würde ein, Kardinalshut, Meßgewand,
Kreuz und vor allem die Kreuzbulle, die dann alle zu Tauß noch
lange Zeit als beredtes Zeugnis der schmachvollen Niederlage der
Deutschen vom 14. August 1431 aufbewahrt worden sind. — Auf die
Kunde der Flucht von Tauß kehrte ein zweites, aber viel kleineres
Kreuzzugsheer, das unter der Führung des Markgrafen Sigismund von
Meißen stand, schleunigst wieder um. Die Hussiten erschienen nun aber
wieder in der Lausitz und dehnten sich an der Oder hinab aus bis nach
Müllrose und Frankfurt. Auch nach Berlin zu zogen sie und lagerten
im April 1432 vor dem nördlich von Berlin gelegenen Städtchen
Bernau. Hier erlitten sie am 23. April 1432 trotz ihrer Stärke, die
auf 20 000 Mann angegeben wird, durch einen Ausfall der Bernauer
und einen gleichzeitigen Angriff des Kurprinzen Friedrich eine voll-
ständige Niederlage, durch die wenigstens etwas die abergläubische
Furcht vor ihrer Unbesiegbarkeit gemindert wurde.
Zum Glück wuchs die Uneinigkeit unter den Hussiten selbst immer
mehr. Der radikalen Partei der Orphaniten und Taboriten hatten sich
schon immer die Calixtiner als gemäßigtere Partei, die ihren Anhang
unter den Pragern und den Edelleuten hatte, entgegengefetzt. Immer
aber hatte die Entzweiten die äußere Gefahr wieder zusammengeführt.
Sturmhoefel, Geschichte der sächsischen Lande. 45