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erheischten die Einwilligung der Wettiner Vettern und der durch Erb-
verbrüderung beteiligten Häuser, was ohne mancherlei Einbuße nicht
abging; doch erhielt sie von den neuen Verwandten den Titel einer
erlauchten und hochgeborenen Fürstin, als welche sie auch Wilhelm
gern bezeichnete. So konnte am 13. Juli 1463 die Hochzeit zu
Weimar im Beisein vieler vornehmer Leute gefeiert werden. Die
Trauung vollzog der Erzbischof von Magdeburg, über den man des-
wegen nicht minder hart urteilte, wie über die Brandensteinerin.
Noch ehe die unglückliche Anna starb, hatte Wilhelm, entweder
der Zeitsitte folgend oder auch um durch äußere, damals für ver-
dienstlich geltende Werkthätigkeit die inneren Vorwürfe wegen seines
Betragens gegen die Gattin zu beschwichtigen, eine Wallfahrt nach
dem heiligen Grabe unternommen. Mit einundneunzig der vornehmsten
thüringischen Herren und reichem Gefolge ging er über Koburg, Nürn-
berg, München nach Venedig, wo er sich am 18. Mai 1461 einschiffte.
Am 18. Juni in Jerusalem angelangt, besuchte er voll Andacht die
heiligen Stätten, begab sich aber schon am 29. Juni auf die Heimfahrt
und war am 7. Oktober wieder in Weimar.
Das unglückliche Verhältnis Wilhelms zu seiner Gemahlin mag
mit dazu beigetragen haben, die Hoffnungen des Hauses Wettin auf
Böhmen, die mit dem Tode des jungen Königs Ladislaus eine ge-
wisse Berechtigung erhielten, zu zerstören. Die nachgelassene Witwe
König Albrechts II. gebar nach dessen Tode, am 22. Februar 1440,
einen Sohn, Ladislaus, der als Nachgeborener den Beinamen Posthumus
beigelegt erhalten hat. Sowohl in Ungarn als in Böhmen, den von
Albrecht nur mit Mühe unter seiner Botmäßigkeit gehaltenen Ländern,
erhob sich eine habsburgfeindliche Partei, die von Ladislaus' Nachfolge
— bei dessen Jugend an sich schon eine fragliche Sache — nichts
wissen wollte. Dagegen erlangte in Böhmen allgemeines Ansehen der
Utraquistenführer Georg Podiebrad, der, 1420 geboren, sich schon als
Jüngling mit allem Feuer der hufsitischen Bewegung, wenn auch auf
der gemäßigten Seite, angeschlossen hatte. Nach längeren inneren
Kämpfen mit der katholischen Partei, die unter der Führung des ein-
flußreichen Ulrich von Rosenberg stand, bemächtigte sich Georg Podiebrad
in der Nacht vom 2. zum 3. September 1449 der Landeshauptstadt.
Eine Zeit lang kämpften noch die katholischen Gegner unter Rosen-