Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

— 802 — 
Entschädigungsland erschien ihm Friesland, mit dem in Berührung 
zu kommen er namentlich während der Hoeks= und Kabeljauws-Un- 
ruhen, dann während der der Käse= und Brotleute Gelegenheit genug 
gehabt hatte. Wenn man das Gebiet der Friesen im weitesten Sinne 
umfassen will, so begreift man darunter alles Küstenvolk von Eider, 
Elbe, Weser und Ems bis an den holländischen Teil der Nordsee. 
Westlich des Zuidersees wohnten die Westfriesen, die von den Grasen 
von Holland unterworfen wurden, östlich davon dagegen die Ostfriesen, 
deren Gebiet bis zur Weser reichte. Mit bewunderungswürdiger Zähig- 
keit hielten diese Ostfriesen oder freien Friesen, wie man sie auch nannte, 
an ihren alten republikanischen Freiheiten fest. Noch schickte ihnen in 
altkarolingischer Weise der Kaiser Grafen zu, die das Land verwalteten. 
Diese Grafen teilten das friesische Land zum Zwecke der Erfüllung ihrer 
Pflicht in die sechs Seelande ein, in Ostergo, Westergo und die sieben 
Wolden. Doch hatten alle diese Gaue ihre freie eigene Gerichtsbarkeit 
und Steuerbewilligung und ihre freien Bewohner Zutritt zu allen Amtem. 
Im Kriegs= oder in sonstigem Notfalle erwählte man nach alter germa- 
nischer Art einen Herzog, der jedoch den, wohl von Italien nach 
Deutschland herübergekommenen Titel Potestat trug. Der Kampf gegen 
die Grafen von Holland erfüllt die mittelalterliche Geschichte der Friesen; 
er zwang sie zu engerem Zusammenschluß. Namentlich hatten es 
jene abgesehen auf das westerlauwersche Friesland, wo die Ostergoer, 
Westergoer und Siebenwoldner wohnten in dem Landstriche zwischen 
dem Zuidersee und dem Flüßchen Lauwer, das sich nordwestlich von 
Groningen in die Nordsee ergießt. Es ist bekannt, daß Wilhelm von 
Holland, den man in Deutschland als Gegenkönig gegen Friedrich II. 
aufgestellt hatte, vor Stavoren am 28. Januar 1256 gegen die Friesen 
streitend umkam. Ohne Wirkung auf die inneren Zustände bei den 
Friesen blieben jedoch die Bestrebungen der holländischen Grafen nicht. 
Sie, denen es, wenn auch nur vorübergehend, gelang, ihre Herrschaft 
bis zur Lauwer auszudehnen, gaben Veranlassung zu einer Parteien- 
bildung. Es gab Anhänger ihrer Herrschaft namentlich in den vor- 
nehmen Kreisen, und so bildete sich eine aristokratische Partei, Weel 
und einen Teil der Geistlichkeit umfassend, die sich „Vetkooper“, d. h. 
Viehhändler, nannte; ihr trat feindlich gegenüber die der „Schieringer“ 
d. i. Wiesenbesitzer.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.