Verfassungs- und Kulturgeschichtliches in
Meißen und Chüringen von der Vereinigung
beider Länder bis zur Feilung von 1485.
Der Landesfürst.
Die Weiterbildung der landesfürstlichen Gewalt.
Es ist schon früher darauf hingewiesen worden, daß der Rückgang
des kaiserlichen Ansehens im engsten Zusammenhange mit der wachsenden
Macht der Landesfürsten stand. Die Stellung der letzteren war durch
die Erblichkeit ihrer Würde gesichert und konnte sich demgemäß ruhig
und ohne namhafte Unterbrechungen entwickeln und festigen, die Kaiser
waren mit jedem neuen Wahlakt immer mehr auf das Wohlwollen
ihrer Wähler angewiesen und hatten das Werk des Vorgängers eigent-
lich immer neu zu beginnen. In den wettinischen Landen wurde
freilich eine ruhige und gedeihliche Ausbildung der landesherrlichen
Gewalt durch die kaum nach erfolgter Vereinigung wieder vor-
genommenen Teilungen gestört. Nach außen suchte man den politischen
Nachteilen solcher Maßnahmen durch die Erbverbrüderungen zu
begegnen, die einen Anheimfall der einer aussterbenden Linie gehörigen
Lande an den obersten Lehnsherrn, den Kaiser, unmöglich machen
sollten. Innerlich aber wurde das Gefühl einer gemeinsamen Zu-
sammengehörigkeit durch die Teilungen geschwächt, ohne jedoch ganz
unterdrückt worden zu sein. Freilich wirkte scheidend auch der Gegensatz
zwischen den rein germanischen Einwohnern der westlichen Hälfte des
Landes und den reichlich mit flavischen vermischten des Ostens. Ehe noch
das Herzogtum Sachsen gewonnen ward, bestand das wettinische Gebiet
im wesentlichen aus drei Teilen, aus Meißen, Thüringen und dem Oster-
lande. Rechnet man zu Thüringen das Land zwischen Werra und
Sturmhoefel, Geschchte der süächsischen Lande.