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Auch mit den Städten kamen, wie gesagt, die Amtleute in Differenzen,
namentlich wohl wenn es sich um deren Gerichtsbarkeit in der Stadt-
flur handelte. Die angeseheneren städtischen Gemeinwesen hatten sich
in der Zeit des Emporblühens, wie wir sahen, schon in der vorigen
Periode ihre eigene Gerichtsbarkeit gewahrt. Doch kommen auch in
dieser Zeit noch Beleihungen damit vor gegen Entrichtung einer jähr-
lichen Abgabe. So überließen 1467 Ernst und Albrecht der Stadt
Geithain das Recht, „über Hals und Hand in ihrem Weichbilde, nichts
ausgenommen, zu richten"; gleicherweise erhielt 1484 der Rat zu
Dresden die Gerichte „zu Hals und Hand, oberst und unterst“,
für 40 Schock neuer Groschen, während Leipzig die Obergerichte schon
1434 von Friedrich dem Sanftmütigen für 3000 Gulden erworben
hatte. Es handelte sich hierbei wesentlich um die peinliche Gerichts-
barkeit, die unserem Zeitalter, gegenüber der bürgerlichen in der all-
gemeinen, durch die Kultur gegebenen Wertschätzung heute ja nicht mehr
die erste Rolle spielt. Das Verfahren der hals= und handberechtigten
Gerichte war im allgemeinen summarisch genug. Es wird zum Beispiel
von der thüringischen Stadt Buttstädt folgendes berichtet: ein trunkener
Bürger erstach gegen Abend einen andern. Am selben Abend noch
trat der Rat der Stadt zusammen, richtete, sprach das Todesurteil
und noch in selbiger Nacht wurde das Urteil vollstreckt. Herzog
Wilhelm war, als er davon vernahm, stark entrüstet. Er berief den
blutdürstigen Rat zu sich nach Roßlaz aber dieser wußte klärlich sein
„Hals= und Hand-Privilegium“ nachzuweisen, und so blieb dem Herzog
nichts übrig, als die Leute mit den Worten zu entlassen: „Ihr Herren
von Buttstädt, ziehet hin mit eurem Bericht, aber Gott behüte mich
vor eurem Gerichte!“ — Ein sehr energischer Eingriff in privatrecht-
liche Verhältnisse wird übrigens von Friedrich dem Strengen berichtet.
Infolge einer Fehde mit dem Bischof von Würzburg 1366 war Graf
Heinrich von Schwarzburg in Schulden geraten und wollte darum die
Wachsenburg mit dem Schwarzwalde, Liebenstein und einige andere
Schlösser an Erfurt verkaufen. Friedrich der Strenge aber behauptete,
das Vorkaufsrecht zu haben, und als die Erfurter darum beim Kaiser
vorstellig werden wollten, ließ er durch den Herzog von Bayern ihrem
Boten auflauern und ihnen ihre Briefe samt 9000 Gulden wegnehmen,
zwang dann den Grafen, ihm die genannten Burgen u. s. w. für