— 862 —
12 000 Gulden zu überlassen und die Erfurter, indem er vor ihre
Stadt zog, diesen Kauf anzuerkennen.
Eine besondere Bewandnis hatte es mit den städtischen Schöppen-
stühlen zu Freiberg und Leipzig, insofern ihre Wirksamkeit sich über
das Weichbild der genannten Städte erstreckte. Es handelte sich dann
bei ihnen mehr um Rechtsgutachten, als um ein bindendes Urteil.
Zu der Kompetenz der Freiberger Schöppen gehörten natürlich alle
Bergsachen des Gebirges, und auch nach Böhmen hinein holte man
sich ihr Urteil. Der Schöppenstuhl zu Leipzig aber gewann als
Quelle der Rechtsbelehrung seit der Gründung der Universität und
seit Friedrich der Sanftmütige in der oben erwähnten Art an ihn
verwiesen hatte, bedeutend an Ansehen. In der Regel holte sich hier
auch der Landesfürst Rat, wenn sein Gerichr als höchste Instanz an-
gerufen worden war. Vielfach entschied man auch hier nach Villig-
keitsgründen und nach gewohnheitsgemäßer Anschauung, wie dies auch
der Fall war bei den sogenannten Ritterdingen, auf denen unter Vor-
sitz eines anerkannten Obmannes aus dem Ritterstande in der Regel
drei andere von beiden Seiten gewählte Ritter den streitigen Fall
entschieden. Insoweit auf diese Weise jedermann sich mit der Zeit
durch die Praxis mit dem heimischen Rechte vertraut machte und somit
als Richter fungieren konnte, insoweit also auch das Rechtsbewußt-
sein durch Rechtskenntnis gefördert wurde, hätte man gegen diesen
Zustand nichts einzuwenden. Aber mit dem wachsenden Kulturleben,
mit dem zunehmenden Wohlstand, mit der Ausdehnung der Ver-
kehrsbeziehungen wuchs die Zahl der Fälle, bei denen man mit dem
Gewohnheitsrechte nicht mehr auskam, wo man in dem überlieferten
Rechte des Sachsenspiegels und der einzelnen Weichbildrechte eine
allgemeine, umfassende Rechtsquelle nicht fand. Es fehlte an der
wissenschaftlichen Durchbildung der germanischen Rechte. Da trat nun
das seit dem 12. Jahrhundert neuentdeckte römische Recht allmählich in
den Vordergrund, das sich ebenso sehr durch die reiche Anzahl von
Fällen, als durch die wissenschaftliche Durchbildung empfahl. Freilich
war die Kulturwelt, aus der es hervorgewachsen und auf die es hatte
Anwendung finden sollen, eine von der germanisch-mittelalterlichen
und christlichen gänzlich verschiedene; es braucht bloß daran erinnert
zu werden, daß der Sklavenstand, der für den Landbau im alten Nom