Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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12 000 Gulden zu überlassen und die Erfurter, indem er vor ihre 
Stadt zog, diesen Kauf anzuerkennen. 
Eine besondere Bewandnis hatte es mit den städtischen Schöppen- 
stühlen zu Freiberg und Leipzig, insofern ihre Wirksamkeit sich über 
das Weichbild der genannten Städte erstreckte. Es handelte sich dann 
bei ihnen mehr um Rechtsgutachten, als um ein bindendes Urteil. 
Zu der Kompetenz der Freiberger Schöppen gehörten natürlich alle 
Bergsachen des Gebirges, und auch nach Böhmen hinein holte man 
sich ihr Urteil. Der Schöppenstuhl zu Leipzig aber gewann als 
Quelle der Rechtsbelehrung seit der Gründung der Universität und 
seit Friedrich der Sanftmütige in der oben erwähnten Art an ihn 
verwiesen hatte, bedeutend an Ansehen. In der Regel holte sich hier 
auch der Landesfürst Rat, wenn sein Gerichr als höchste Instanz an- 
gerufen worden war. Vielfach entschied man auch hier nach Villig- 
keitsgründen und nach gewohnheitsgemäßer Anschauung, wie dies auch 
der Fall war bei den sogenannten Ritterdingen, auf denen unter Vor- 
sitz eines anerkannten Obmannes aus dem Ritterstande in der Regel 
drei andere von beiden Seiten gewählte Ritter den streitigen Fall 
entschieden. Insoweit auf diese Weise jedermann sich mit der Zeit 
durch die Praxis mit dem heimischen Rechte vertraut machte und somit 
als Richter fungieren konnte, insoweit also auch das Rechtsbewußt- 
sein durch Rechtskenntnis gefördert wurde, hätte man gegen diesen 
Zustand nichts einzuwenden. Aber mit dem wachsenden Kulturleben, 
mit dem zunehmenden Wohlstand, mit der Ausdehnung der Ver- 
kehrsbeziehungen wuchs die Zahl der Fälle, bei denen man mit dem 
Gewohnheitsrechte nicht mehr auskam, wo man in dem überlieferten 
Rechte des Sachsenspiegels und der einzelnen Weichbildrechte eine 
allgemeine, umfassende Rechtsquelle nicht fand. Es fehlte an der 
wissenschaftlichen Durchbildung der germanischen Rechte. Da trat nun 
das seit dem 12. Jahrhundert neuentdeckte römische Recht allmählich in 
den Vordergrund, das sich ebenso sehr durch die reiche Anzahl von 
Fällen, als durch die wissenschaftliche Durchbildung empfahl. Freilich 
war die Kulturwelt, aus der es hervorgewachsen und auf die es hatte 
Anwendung finden sollen, eine von der germanisch-mittelalterlichen 
und christlichen gänzlich verschiedene; es braucht bloß daran erinnert 
zu werden, daß der Sklavenstand, der für den Landbau im alten Nom
	        
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