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hinderte, daß 1444 bei veränderter Mode nun weite Kleider getragen
wurden, zu denen Männlein wie Weiblein 15 bis 18 Ellen feines
Tuch verbrauchten; modisch waren damals rote Schuhe von Hirsch-
leder mit spitzen Schnäbeln. 1453 kam für Thüringen und Meißen
eine Kleiderordnung der Brüder Friedrich und Wilhelm, 1492 mußte
man sich in Erfurt wieder um den bei Hochzeiten und Taufen ein-
gerissenen Luxus sorgen. Da wurde genau bestimmt, wie viel man
zum Tausschmaus bitten und wie viel Gerichte man geben dürfe. Es
scheinen gerade die Taufen in dieser zweiten Hälfte des Mittelalters
vielen Grund zu öffentlicher Klage gegeben zu haben. Es handelte sich
übrigens gar nicht etwa um die Tauffestlichkeit allein, sondern eigentlich
mehr noch um die Besuche der Gevattern bei der Wöchnerin. Die
Frau Gevatterin soll, wie 1492 bestimmt wird, nicht mehr als drei
Freundinnen mitbringen, wozu ergänzend auf die an anderen Orten
Deutschlands geltende Bestimmung aufmerksam gemacht sein mag,
daß die Zahl der würdigen Damen, die die Taufe des Neugeborenen
mit ihrer Gegenwart verschönten, fünf nicht überschreiten solle. Da
kann man sich schon bei strengem Festhalten an der gesetzlich vor-
geschriebenen Anzahl ein recht lebendiges und unterhaltendes Bild
von einem solchen Wochenbesuch machen. Ja, es ergingen auch Vor-
schriften, was dabei verabreicht werden und anderseits von den Frau
Gevatterinnen mitgebracht werden könnte. Diese Wochenbesuche hießen
in Zittau die „Lachen“ und die daran Teilnehmenden die „Lach-
weiber“. Wenn man nun wohl auch diesen Begriff sich zunächst
aus dem Gegenfatze zu den Klagweibern bei Begräbnissen herleiten
darf, so wird wohl bei derartigen Zusammenkünften weniger diese
Ableitung, als die Quantität und Qualität des Vorgesetzten für die
Teilnehmerinnen die Berechtigung dieses Ausdruckes bewiesen haben.
Die zittauer Polizeiverordnung faßt die Sache allerdings weniger von
der vergnüglichen, als mehr von der psychologischen und wirtschaft-
lichen Seite auf, indem sie zur Motivierung ihres einschlägigen Ver-
botes behauptet, die Weiber wollten allewegen eine der andern gleich
groß und schön thun und infolge davon gehe manchem Manne dasjenige,
was er für sich und die Seinen wohl bedürfe, leichtlich zu Grunde.
Uns erscheinen heute solche Bestimmungen überflüssig, da wir einem
jeden zutrauen, er werde wohl wissen, wie weit seine Decke reiche, und