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mit der Wirtin allzu einig wurde. Der Wirt aber, mit einem Knechte
unerwartet heimkehrend, erstach den Grafen und schleppte den entseelten
Körper nackend vor das Gericht. Das ließ den Leichnam des Grafen
als eines Ehebrechers und undankbaren Gastes zur Stadt hinaus-
schleifen und köpfen.
Merkwürdigerweise, und es darf doch wohl das als allgemeine Auf-
fassung angesehen werden, galt der Meineid vor Gericht lediglich als
durch Verbannung aus der Stadt bestrafbar. Allerdings that dann die
Kirche ihr übriges dazu. Um so strenger verfuhr man gegen Brand-
stifter. Wenn jemand, so bestimmt der Stadt-Zucht-Brief von 1351,
an seinem Hause oder seiner Scheune Brände angehänget findet, so
soll er sich mit dem, der sie ihm angehänget, nicht vertragen, oder
soll die Stadt auf ein Jahr räumen und eine Mark Silbers geben,
d. h. die Sache geht, um es modern auszudrücken, aus dem zivil-
rechtlichen Gebiete, das Schadenersatz gewährleistet, in das kriminelle
über, wo zur allgemeinen Sicherheit die landesfürstliche oder städtische
Polizei und Gerichtsbarkeit einzugreifen hat. Jedenfalls wird nun
bestimmt, daß, wer mit dem Anlegen von Feuer auf der That be-
griffen wird, „den soll man in ein Faß stoßen und lebendig ver-
brennen“.
Es spiegelt sich in dieser mit barbarischer Kürze gegebenen Be-
stimmung die ganze Erbitterung eines durch Feuersbrünste nur allzu
oft und dadurch mit Verarmung und Oddachlosigkeit heimgesuchten
Bürgerstandes. Und darum konnte auch nichts Schimpflicheres gegen
einen Fürsten oder eine Stadt ausgesagt werden, als daß die eine
oder die andere Partei Mordbrenner gedungen habe. Inwieweit der-
artige Gerüchte auf Wahrheit beruhten, ist vielleicht weniger wichtig
als der Umstand, daß sie überhaupt entstehen konnten. So wurde
dem aus dem Bruderkriege bekannten Apel Vitztum in die Schuhe
geschoben, daß er durch einen aus dem Kloster Pforta entlaufenen
Mönch Namens Dietrich Bercker (oder Becker oder Burckard) im
Jahre 1472 am 19. Juni habe Feuer anlegen lassen, obwohl doch
seit der Vertreibung der Vitztume schon reichlich zwanzig Jahre ver-
gangen waren. Jedenfalls ist es ein sonderbares Unternehmen, das
eher eine geistige Erkrankung als etwas Politisches voraussetzen läßt,
wenn dieser Mönch mit acht Spießgesellen, von denen er den einen