Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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die Studenten einer ehrbaren Kleidung unter Beseitigung der bis- 
herigen „schandbaren Gewandung“ zu befleißigen hälten. Sie sollten 
lassen die mit Federn besteckten Hüte, die gestickten Unterwämser, die 
bunten engen Hosen, die gefalteten Brustlätze, die verschnittenen Wämser, 
welche kaum den Hals und den Nacken bedecketen, die kurzen Mäntel, 
die „unförmlich gehörnerten“ Schuhe, die kurze Wehr am Gürtel. 
Dies erschien den Musensöhnen als eine unerhörte Beschränkung ihrer 
akademischen Freiheit; zunächst rissen sie das darauf bezügliche Patent 
das auch vom Bischof von Merseburg unterzeichnet war, von den 
Kirchenthüren, und als sich der Reltor bei den Fürsten über den Un- 
sug und die Widerspenstigkeit der Studenten beschwerte, warfen sie 
ihm die Fenster ein und würden das Haus gestürmt haben, wenn nicht 
nunmehr die Bürgerwehr eingegriffen hätte. Da auf die Nachricht 
hiervon der Kurfürst Ernst selbst nach Leipzig kommen wollte, um die 
Sache zu untersuchen, so machten sich die Haupträdelsführer alsbald 
davon, und die Ruhe kehrte zurück. 
Was die vergeblich immer wieder erneuerten Luxusverbote zu 
erreichen suchten, gelang, wenn auch nur auf kürzere Zeit, dem Ge- 
bote des Papstes oder noch mehr den aus dem Volke hervorgegangenen 
Minoritenpredigern. Als 1449 Nikolaus von Cues nach Erfurt als 
päpstlicher Legat kam, predigte er im Freien vor versammeltem Volke 
und hatte solchen Zulauf, daß mehrere Personen dabei ums Leben 
kamen. 1454 aber erschien in Erfurt Johannes Kapistranus aus dem 
Franziskaner-Orden und predigte mehrmals, und zwar immer zwei 
Stunden hintereinander. Er war 1452 auch in Leipzig gewesen und 
hatte da gegen das Trinken und Spielen, namentlich gegen Schach, 
Würfel= und Brettspiele, geeifert und aufgegriffene Luxusgegenstände 
und Spielkarten auf öffentlichem Markte verbrennen lassen. Der Ein- 
druck seiner Worte war so groß, daß sechzig Studenten und Universitäts- 
verwandte, nachdem er ihnen von der Kanzel den Kopf irgend eines 
Heiligen gezeigt hatte, dem weltlichen Stande Valet sagten und ins 
Kloster traten, während andere sich von ihm zum Kreuzzuge gegen 
die Türken gewinnen ließen. Ihm war es Ernst um seine Buß- 
predigten, und darum wirkten sie, obwohl er, der deutschen Sprache 
nicht mächtig, lateinisch sprach. Mit dem von ihm zusammengebrachten 
Kreuzheere zog er Johann Corvinus zu Hilfe nach Ungarn und half
	        
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